Beim Mallory-Weiss-Syndrom führt massives Erbrechen zu einem Riss in der Speiseröhrenschleimhaut. Vor allem eine Personengruppe ist gefährdet.
Das Wichtigste im Überblick
Beim Erbrechen ist die Speiseröhre einem hohen Druck ausgesetzt. Normalerweise hält das Organ diesem aber stand – selbst bei mehrmaligem und/oder starkem Übergeben. Wer häufig oder stark erbrechen muss – zum Beispiel im Rahmen eines Magen-Darm-Infekts – und eine gesunde Speiseröhre hat, muss also in der Regel nicht befürchten, dass sich ein Riss bildet.
Das passiert nur unter bestimmten Voraussetzungen – etwa, wenn die Speiseröhre bereits vorgeschädigt ist. Dann kann ihre Schleimhaut nach dem Erbrechen einreißen und bluten, was teils starke Symptome nach sich zieht. Fachleute sprechen dann von einem Mallory-Weiss-Syndrom.
Grundsätzlich kann das Mallory-Weiss-Syndrom zwar bei jedem Menschen auftreten, der massiv erbrechen muss. Bei bestimmten Personen ist das Risiko für ein Mallory-Weiss-Syndrom jedoch höher. Welche das sind, lesen Sie in den folgenden Kapiteln.
Zwischen 5 und 10 Prozent aller Blutungen des oberen Magen-Darm-Trakts sind auf ein Mallory-Weiss-Syndrom zurückzuführen. Benannt wurde es nach Kenneth Mallory and Soma Weiss, welche die Erkrankung 1929 näher beschrieben.
Bei einem Mallory-Weiss-Syndrom ist in der Schleimhaut, welche die Speiseröhre auskleidet, ein länglicher Einriss entstanden. Dieser ist etwa zwei bis vier Zentimeter lang und befindet sich meist dort, wo die Speiseröhre in den Magen mündet.
Der Riss (selten sind es mehrere Risse) betrifft nur die oberen Schichten der Schleimhaut. Die Speiseröhre an sich bleibt intakt. Im Gegensatz zu einem kompletten Riss in der Speiseröhre, der stets lebensbedrohlich ist, heilt der Riss bei einem Mallory-Weiss-Syndrom gewöhnlich ohne Folgen ab. Dennoch sollten Betroffene das Syndrom immer ernst nehmen und behandeln lassen, weil es mit starken Blutungen einhergehen kann – und diese können schlimmstenfalls lebensgefährliche Ausmaße annehmen.
Beim Mallory-Weiss-Syndrom ist der Riss auf die Schleimhaut beschränkt. Im Gegensatz dazu ist bei einer lebensgefährlichen, noch deutlich selteneren Speiseröhrenruptur (Boerhaave-Syndrom) nach dem Erbrechen ein Loch in der Speiseröhre entstanden. Wie sich das Boerhaave-Syndrom äußert und wie es behandelt wird, lesen Sie hier.
Das Mallory-Weiss-Syndrom entwickelt sich nach häufigem und/oder massivem Erbrechen. Zu Symptomen zählen dann
- Erbrechen von Blut und
- Schmerzen im Oberbauch.
Je nach Intensität der Blutung kann das Erbrochene blutigen Schleim oder größere Mengen hellroten Bluts enthalten. In leichten Fällen bemerkt die betroffene Person keine Beschwerden.
Sind die Blutungen hingegen schwer ausgeprägt, können weitere Symptome bis hin zu einem Schock auftreten. Zu möglichen Beschwerden zählen zum Beispiel schwarz gefärbter Stuhl, Schwindel, hoher Puls, niedriger Blutdruck oder Kreislaufprobleme.
Auslöser des Mallory-Weiss-Syndroms ist in der Regel massives Erbrechen oder Würgen (seltener Husten) und der damit verbundene plötzliche hohe Druck im Magen und in der Speiseröhre. Nur selten ist es auf stumpfe Verletzungen zurückzuführen.
Ist die Speiseröhre vorgeschädigt, können sich leichter kleine oberflächliche Risse bilden. Der wohl wichtigste Risikofaktor ist langjähriger Alkoholmissbrauch, welcher eine chronische Schleimhautentzündung zur Folge hat. Bei 50 bis 70 von 100 Patientinnen und Patienten ist das Mallory-Weiss-Syndrom auf dem Boden eines chronischen Alkoholmissbrauchs entstanden.
Männer entwickeln häufiger ein Mallory-Weiss-Syndrom als Frauen.
Auch eine langjährige Refluxkrankheit, bei welcher immer wieder Magensäure in die Speiseröhre gelangt, ist ein begünstigender Faktor – ebenso wie Achalasie. Dabei handelt es sich um eine seltene Funktionsstörung der Speiseröhre, bei welcher die Speiseröhrenmuskulatur und der Schließmuskel zwischen Speiseröhre und Magen nicht mehr richtig arbeiten. Zu weiteren möglichen Risikofaktoren zählen Erkrankungen, die mit häufigem und/oder sehr starkem Erbrechen einhergehen – etwa Bulimie oder übermäßiges Erbrechen in der Schwangerschaft (Hyperemesis gravidarum).
Bei ungefähr einem Viertel aller Patientinnen und Patienten lässt sich jedoch kein Risikofaktor nachweisen.
Bei Bluterbrechen rasch handeln
Wer Blut erbrechen muss, sollte unabhängig von der Ursache umgehend eine Ärztin oder einen Arzt aufsuchen oder im Zweifel den Rettungsdienst informieren. (Welche weiteren Ursachen Bluterbrechen haben kann, lesen Sie hier.) Denn starke Blutungen können den Kreislauf so sehr belasten, dass ein Kollaps droht.
Zudem ist es wichtig herauszufinden, ob tatsächlich das Mallory-Weiss-Syndrom für die Blutung verantwortlich ist, oder ob eine andere Erkrankung dahintersteckt – etwa ein Magengeschwür, Krampfadern in der Speiseröhre oder ein Speiseröhrenriss.
Nur eine Ärztin oder ein Arzt kann beurteilen, ob die Blutung unmittelbar lebensbedrohlich ist und wie sie behandelt werden sollte.
Auch wenn die Prognose bei einem Mallory-Weiss-Syndrom gut ist, sollten Blutungen – und damit verbundenes Bluterbrechen – immer ernst genommen werden.
Wie ein Mallory-Weiss-Syndrom behandelt wird, hängt vor allem von der Schwere der Blutung und vom Allgemeinzustand der Person ab. Bei starken Blutungen kann es nötig sein, zunächst den Kreislauf der erkrankten Person zu stabilisieren, etwa durch eine Infusion.