Eine Gewichtszunahme in den Wintermonaten ist häufig. Kann ein Vitamin-D-Mangel eine Ursache der Zusatzpfunde sein?
In der Herbst- und Winterzeit klagen viele Menschen über eine Gewichtszunahme. Mit den dunklen Tagen kommt das Verlangen nach deftigeren Speisen und vermehrtem Snacken. Könnte ein Vitamin-D-Mangel Hunger und Gewicht beeinflussen? t-online hat bei einer Ernährungswissenschaftlerin nachgefragt.
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Vitamin D nimmt unter den Vitaminen eine Sonderstellung ein, da die Hauptversorgung über die körpereigene Bildung durch Sonnenstrahlung über die Haut stattfindet. Die Ernährung spielt bei der Vitamin-D-Versorgung eine eher untergeordnete Rolle: Lediglich 10 bis 20 Prozent der benötigten Vitamin-D-Menge nehmen wir über das Essen auf – vor allem über fetten Seefisch, Eier, Innereien, Margarine, Pilze, Käse und andere Milchprodukte.
Brigitte Neumann ist Diplom-Ökotrophologin aus Uttenreuth. Die freiberufliche Ernährungswissenschaftlerin ist in der Erwachsenenbildung tätig. Sie hält unter anderem Vorträge in Schulen und Firmen und arbeitet mit Verbänden, Institutionen, Krankenkassen und Ärzten zusammen.
Vitamin D ist der übergeordnete Begriff für eine Gruppe fettlöslicher Vitamine, die Calciferole. Zu den wichtigsten Formen gehören Vitamin D2 (Ergocalciferol) und Vitamin D3 (Cholecalciferol). Vitamin D ist für die Regulierung des Kalzium- und Phosphatstoffwechsels bedeutsam. Unter anderem fördert Vitamin D die Kalziumaufnahme über den Darm sowie den Kalziumeinbau in die Knochen – und unterstützt damit die Knochenmineralisierung und die Knochenstabilität. „Auch für die Muskelkraft und das Immunsystem, etwa für die Infektabwehr, ist Vitamin D wichtig“, erklärt Brigitte Neumann, Ökotrophologin aus Uttenreuth.
Das Risiko für einen Vitamin-D-Mangel ist bei Personen erhöht, die sich kaum oder gar nicht im Freien aufhalten beziehungsweise deren Haut nur wenig der Sonne ausgesetzt ist. Zu dieser Personengruppe gehören beispielsweise bewegungseingeschränkte, chronisch kranke und pflegebedürftige Menschen. Seltener stören chronische Erkrankungen von Darm, Niere oder Leber oder bestimmte Medikamente die körpereigene Vitamin-D-Bildung.
In den Wintermonaten, wenn sich die Sonne zurückzieht und die dunklen Stunden mehr werden, ist es auch für gesunde Menschen schwierig, ausreichend Vitamin D zu bilden. Nicht jedem gelingt es, die von der DGE empfohlenen 5 bis 25 Minuten pro Tag mit unbedecktem Gesicht, Händen und größeren Teilen von Armen und Beinen in der Sonne unterwegs zu sein. Hinzu kommt: Im Unterschied zu den Sommermonaten ist die Sonnenbestrahlung in Deutschland in den Monaten von Oktober bis März laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) nicht stark genug, um eine ausreichende Vitamin-D-Bildung zu gewährleisten.
Das heißt: Hat der Körper über die Sommermonate hinweg nicht ausreichend Sonnenvitamin getankt und gespeichert, kann ein Vitamin-D-Mangel auftreten. Eine Einnahme von Vitamin-D-Präparaten empfiehlt die DGE dann, wenn eine unzureichende Versorgung ärztlich nachgewiesen wurde und wenn eine gezielte Versorgung weder über die körpereigene Vitamin-D-Bildung durch Sonnenbestrahlung noch ergänzend über die Ernährung zu erreichen ist.
Bei Erwachsenen mit einem Vitamin-D-Mangel kann es zu einer Störung im Knochenstoffwechsel kommen. Die Knochen können weich werden. Das Risiko für Gelenkschmerzen, Knochenschmerzen und Knochenbrüche steigt. Im höheren Alter kann ein Vitamin-D-Mangel zur Entstehung von Osteoporose beitragen. Auch Störungen der Muskelfunktion sowie Muskelschmerzen sind eine mögliche Folge eines Mangels, ebenso Müdigkeit und eine Schwächung des Immunsystems. Außerdem wird diskutiert, ob ein Zuwenig an Vitamin D eine Gewichtszunahme möglicherweise begünstigen kann. Was ist dran an dieser Vermutung?
Es gibt verschiedene Theorien, warum zu wenig Vitamin D möglicherweise zu einer Gewichtszunahme führen könnte. Vitamin D ist für den Mineralstoffhaushalt des Körpers bedeutsam – besonders mit Blick auf Kalzium. Vitamin D fördert die Aufnahme von Kalzium aus dem Magen-Darm-Trakt. Kalzium gilt als appetitregulierend. Wird Kalzium vom Körper nicht gut verwertet, könnte laut der Theorie mehr Hunger auftreten – was eine Gewichtszunahme eventuell begünstigen könnte.
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Ebenso gibt es Untersuchungen, die bei Übergewichtigen im Vergleich zu Normalgewichtigen vermehrt einen Vitamin-D-Mangel festgestellt haben. Ob dieser aber davon kommt, dass Übergewichtige möglicherweise weniger aktiv sind oder ob andere Einflüsse eine Rolle spielen, etwa dass Übergewichtige Vitamin D schlechter verstoffwechseln, ist bislang unklar.
„Eine andere Theorie ist, dass ein niedriger Vitamin-D-Spiegel im Winter dem Körper signalisiert, vermehrt Fettreserven für die kalten Monate anzulegen – wodurch der Hunger steigt. Wissenschaftlich bewiesen sind all diese Theorien nicht“, sagt Neumann. „Einen kausalen Zusammenhang zwischen einem Vitamin-D-Mangel und einer Gewichtszunahme gibt es bislang nicht. Es lässt sich weder sagen, dass ein Vitamin-D-Mangel zu einer Gewichtszunahme führt. Noch lässt sich ableiten, dass eine gute Vitamin-D-Zufuhr überschüssige Pfunde purzeln lässt.“