Seit Monaten werden immer neue Temperaturrekorde vermeldet. ZDF-Wettermoderator Özden Terli hat aber nicht nur mit den Klimafolgen, sondern auch im Wissenschaftsleugnern zu tun.
Ein Hitzerekord jagt den nächsten – so auch im April 2024: Er war der wärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Damit ist er der elfte historische Monat in Folge. Für ZDF-Wettermoderator Özden Terli war das zu erwarten.
Der Meteorologe warnt sowohl im Fernsehen als auch in den sozialen Medien vor den Folgen der Klimakrise. Im t-online-Interview erklärt er, wie die aktuelle Lage in der Klimakrise ist, welche Folgen drohen und was die Medien besser machen können.
t-online: Herr Terli, ein Temperaturrekord jagt derzeit den nächsten. Wie schlimm ist die aktuelle Lage?
Özden Terli: Wir erleben das, was zu erwarten war und ist. In einer Welt, die sich immer weiter aufheizt, nehmen die Extreme zu. Das liegt in der Natur der Sache. Wir beobachten den tendenziellen Anstieg der globalen Mitteltemperatur, aber auch den Anstieg der Temperaturen in den Regionen, die immer wieder neue Höchststände erreichen. Übrigens: Europa ist der Kontinent, der sich am schnellsten aufheizt.
Messdaten von Satelliten oder von Bodenstationen, von Ballonaufstiegen – also Radiosonden – zeigen klar, was passiert. Was eindeutig zu erkennen ist: Es wird immer wärmer. Mehr Wärme bedeutet, das System muss diese Wärme umsetzen, und das tut es in Extremwetterereignissen. Die Tendenz zeigt nach oben, und das ist tatsächlich schlimm, so wie sie es fragen – denn weder Pflanzen, Tiere noch wir Menschen können sich dauerhaft an diese rasante Veränderung anpassen.
Zur Person
Özden Terli ist seit 2013 Redakteur und Moderator in der Wetterredaktion des ZDF. Zuvor studierte er Meteorologie in Berlin. 2021 wurde er mit dem Umweltmedienpreis der Deutschen Umwelthilfe in der Kategorie „Fernsehen und Online“ ausgezeichnet.
Welche konkreten Auswirkungen haben die hohen Temperaturen in Deutschland?
Es ist unter anderem ein gravierendes Gesundheitsproblem. Denn Menschen können schlecht mit zu viel Hitze umgehen. Besonders Ältere, Vorerkrankte oder kleine Kinder leiden darunter. Aber auch Menschen, die draußen arbeiten müssen. Das ist ein weltweites Problem. Außerdem hält sich das Wetter nicht an Landesgrenzen.
Können Sie ein Beispiel nennen?
So wirken sich Veränderungen zum Beispiel auf dem Atlantik auch bei uns aus. Ist die Oberflächentemperatur höher, wie es übrigens seit März letzten Jahres der Fall ist, also fast durchgehend auf Dauerrekord, so verdunstet auch mehr Wasser. Diese Feuchtigkeit wird zu uns transportiert, und so sind die Regenmengen größer.
Bei Gewittern spielt noch die latente Wärme eine Rolle, die erst in Aktion kommt, wenn sich Wolken bilden und zusätzlich die Entwicklung eines Gewitters verstärken. So gibt es also direkte Effekte von steigenden Temperaturen, auch woanders, die sich bei uns negativ bemerkbar machen. Die Überflutungen Ende 2023 sind auf zu warme Meere zurückzuführen. Aber ganze Strömungssysteme in der Atmosphäre verändern sich weltweit, das wird alles noch zu einem Riesenproblem, nicht erst in ferner Zukunft, sondern bereits in der Gegenwart.
In den vergangenen Jahren waren nicht nur Fluten, sondern auch die Trockenheit ein Problem. Wie steht es um den Dürrefaktor?
Derzeit ist Dürre kein großes Thema, aber dass sich über Monate Dürren ausweiten können – diese Gefahr gibt es selbstverständlich weiterhin und ist ein gewaltiges Problem für die Landwirtschaft in Deutschland und schon seit Längerem in Spanien. Stichwort Olivenöl! Auch Dürren im Mittelmeerraum sind exakt das, was zu erwarten ist, in einer Welt, die immer wärmer wird.
Wetter kann, muss nicht immer, auch Lebensgefahr bedeuten.
Özden Terli
In Ihrer Berichterstattung legen Sie immer Wert darauf, auch über das Klima zu sprechen. Glauben Sie, dass Sie so Leute vom Kampf gegen die Klimakrise überzeugen konnten?
In erster Linie ist es meine Aufgabe als Meteorologe und Journalist, diese Zusammenhänge aufzuzeigen und einzuordnen. Ich weiß nicht, ob jemand überzeugt werden muss; wer es bisher nicht verstanden hat, will es wahrscheinlich gar nicht verstehen. Wir leben in einem veränderten Klima – von uns veränderten Klima, damit das noch mal ganz klar ist. Die Atmosphäre ist nicht mehr die gleiche wie vor 40 Jahren, oder noch gravierender: im Vergleich zur vorindustriellen Zeit.
Ist es nicht selbstverständlich, dass wir die physikalische Realität, die nun mal anders ist als früher, auch entsprechend abbilden? Ist es nicht so, dass wir etwas weglassen, wenn wir über Extremwetterereignisse berichten und sie nicht entsprechend einordnen? Ob ich etwas damit erreiche oder nicht, ob es gefällt oder nicht, kann nicht darüber entscheiden, wie ich meine wissenschaftlich fundierte und journalistische Arbeit mache. Es geht nicht darum, Partikularinteressen zu befriedigen. Das sollte aber eigentlich selbstverständlich sein, oder?