
Tech-Visionär Ian Rogers hält Bargeld für ein Auslaufmodell. Im Interview erklärt er, warum Bitcoin nicht das Problem ist – sondern unsere Angst vor Veränderungen.
Er prägte die digitale Welt wie kaum ein anderer: Ian Rogers, Mitentwickler des Medienplayers Winamp in den frühen 90ern, danach CEO des Musikstreaming-Anbieters Beats Music, ehe er 2014 nach der Übernahme durch Apple zum iPhone-Konzern stieß. Rogers, schließlich Ex-Digitalchef beim französischen Luxusgüterkonzern LVMH, spricht im exklusiven t-online-Interview über Kryptowährungen und die Zukunft des Geldes.
Der gelernte Informatiker und Tech-Visionär erklärt, warum das Smartphone niemals sicher sein wird, weshalb Bargeld bald verschwindet – und wieso Risiko und Chance untrennbar zusammengehören. Rogers warnt vor digitaler Bequemlichkeit und fordert mehr Eigenverantwortung: „Wer seine Werte schützen will, braucht Kontrolle, nicht Vertrauen.“ Ein Gespräch mit einem Mann, der die digitale Revolution miterlebt hat – und überzeugt ist, dass die nächste gerade erst beginnt.
t-online: Herr Rogers, Sie waren fünf Jahre Digitalchef beim Luxusgüterkonzern LVMH – kennen sich also gut mit Luxus aus. Ist Bitcoin mit Preisen jenseits der 100.000 Dollar nur noch etwas für reiche Menschen?
Ian Rogers: Nein, ganz und gar nicht. Man kann Bruchteile einer Bitcoin besitzen – die Hälfte, ein Zehntel, ein Hundertstel. Es geht um Wertsteigerung, nicht um den absoluten Betrag. Viele sagen, Bitcoin sei zu teuer. Das ist Unsinn. Wenn Sie Aktien kaufen, können Sie keine halbe Berkshire Hathaway A Aktie kaufen. Bei Bitcoin geht das problemlos. Ob jemand 40 Dollar, 40.000 oder 400.000 investiert – die prozentuale Rendite ist dieselbe. Das ist reine Mathematik und hat nichts mit Arm oder Reich zu tun. Sie können Bitcoin über Ledger, Paypal oder Robinhood kaufen, wo auch immer Sie leben. Es ist die erfolgreichste Anlageklasse der letzten zwölf Jahre – völlig egal, wie viel Sie investieren. Ihr Anteil bleibt immer gleich und wächst mit der Wertsteigerung mit.
Die Krypto-Welt ist voller Fachbegriffe: Blockchain, Token, Web3, DAOs. Muss sich die Branche sprachlich ändern, um ernst genommen zu werden?
Ehrlich gesagt: Nein. Finanzsprache ist für die meisten Menschen ohnehin unverständlich. Wenn ich meiner Mutter etwas über zehnjährige Staatsanleihen erzähle, sieht sie mich fragend an. Meine Schwester schaut Bloomberg TV und versteht kein Wort. Meine Frau fragt mich zehnmal, was „Coping“ heißt. Das ist normal. Jede Branche hat ihr eigenes Vokabular. Skater sprechen anders miteinander als Kletterer, Musiker anders als Programmierer. Niemand erwartet, dass Bergsteiger ihre Sprache ändern, damit alle sie verstehen. Und das gilt auch für Technologie. Wer weiß schon genau, wie sich ChatGPT 4o, 5.1 Pro oder 5.1 Thinking unterscheiden? Oder was genau SMTP, FTP oder HTML bedeutet? Die wenigsten – und trotzdem nutzen sie alle täglich den Computer, Software und Apps. Technik bringt Fachjargon mit sich, aber das Komplizierte daran verschwindet mit der Zeit, sobald das Produkt selbstverständlich wird.










