Wilde Theorien um „Puma“
„Für wie blöd halten die uns?“
18.06.2025 – 19:32 UhrLesedauer: 4 Min.
Ein mächtiger „80-Prozent-Puma“ schnurrt zum Kätzchen zusammen. Eine Gefahr soll nicht mehr bestehen. Doch in der Gegend um Braunsbedra wollen das viele nicht wahrhaben.
Die 10.000-Einwohner-Gemeinde Braunsbedra am Geiseltalsee hat die Jagd nach dem „Puma“ abgeblasen. Zertifizierte Fährtenleser haben die vermeintliche Raubkatze mithilfe von selbst vor Ort aufgenommenen Fotos ins Verhältnis gesetzt – und herausgekommen ist ein erstaunliches Ergebnis: Was auf einem verwackelten Handyvideo noch groß und wichtig erschien, ist auf einmal nichtig und klein.
Das Tier, das eine erschrockene Frau in dem Clip als „Riesenvieh, so was wie ein Puma“ bezeichnet hatte, soll demnach bloß noch eine möglicherweise etwas groß geratene Hauskatze sein. Also keine Gefahr mehr, wie der Bürgermeister von Braunsbedra am Dienstagabend bei Facebook schrieb?
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Daran wollen viele Menschen in der Gegend nicht glauben. Im Internet blühen Verschwörungstheorien. Unter den Postings von Bürgermeister und Gemeinde türmen sich die Kommentare von Skeptikern.
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„So ein Quatsch“, empört sich jemand. „Die Wahrheit wurde unter den Tisch gekehrt“, ist ein anderer sicher. „Ich glaube, es hackt“, schäumt eine Userin. „Für wie blöd halten die uns?“
Die kritischen Beiträge sammeln Hunderte von Likes. Und es werden immer mehr. „Jetzt kann man ja alle für dumm verkaufen“, ist zu lesen. Oder: „Wer es glaubt, wird selig.“ Und: „Ich denke, hier wird irgendwas vertuscht.“
Möglicherweise sei die Geschichte mit dem Puma ja mit einer „Kugel“ gelöst worden, mutmaßt eine Frau aus dem nahen Weißenfels. Viele beteuern: Was sie in dem Video gesehen hätten, sei doch wohl eindeutig gewesen. Das Tier habe sich ganz klar wie eine Großkatze bewegt, der riesige Schwanz sei ein sicherer Beleg – und überhaupt: Wie könne jemand wie die Frau im Video am Rand einer Wiese stehen und auf der anderen Seite eine kleine Katze nicht von einem großen Puma unterscheiden können?

Einer, der mit zur Entzauberung des „Pumas“ von Braunsbedra beigetragen hat, versucht es mit einer Erklärung. Weil das Video an einem steilen Hang aufgenommen worden ist, sei die Perspektive verzerrt, sagt Georg Messerer. Die Katze habe vor den dahinterliegenden Rosenbüschen deutlich größer gewirkt, als sie eigentlich ist.
Messerer gehört zu einem internationalen Netzwerk von Fährtenlesern, die sich moderner Technologien und dem Wissen von Ureinwohnern bedienen. Er hat ein sogenanntes „Cybertracker“-Zertifikat und ist extra aus Berlin nach Braunsbedra gekommen, um bei der Einschätzung der wahren Gefahrenlage in Sachsen-Anhalt zu helfen.
Denn das Puma-Risiko dort galt bis Dienstagabend als hoch. Der Saalekreis hatte über die Warn-App Nina des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe Alarm ausgelöst. Bürger sollten Wälder und Wiesen meiden. Für den Fall, dass jemand dennoch auf das Tier treffen sollte, empfahl der Landkreis: „Nicht in die Augen, sondern auf den Körper schauen, langsam zurückweichen und großmachen. Hunde bitte an Leine führen!“
Die Polizei startete am Montag zum Hubschraubereinsatz, Boote wurden zu Wasser gelassen, Feuerwehrdrohen surrten durch die Luft. Puma-Transportboxen wurden herbeigeschafft, Experten steckten die Köpfe zusammen. Die zuständige Dezernentin des Saalekreises bezifferte nach den Beratungen die Wahrscheinlichkeit für einen echten Puma auf 80 Prozent, der Bürgermeister von Braunsbedra sagte t-online, er gehe von einer Raubkatze aus.