Wer in Deutschland auf weiße Weihnachten hofft, wird wahrscheinlich auch in diesem Jahr enttäuscht werden. Die Zahl der Tage, an denen die Temperaturen unter 0 Grad fallen, wird immer geringer, wie eine neue Studie zeigt.
18 Frosttage hat Deutschland im Verlauf der letzten zehn Jahre aufgrund des Klimawandels verloren. Zu diesem Ergebnis kommt die gemeinnützige Organisation Climate Central. Das Autorenteam ging der Frage nach, wie sich die steigenden Temperaturen in den Wintermonaten von Dezember bis Februar auf die Anzahl der Tage mit Temperaturen über dem Gefrierpunkt ausgewirkt haben.
Ihr Fazit: Der deutsche Winter wird wärmer und hat zunehmend weniger Tage, an denen die Temperaturen unter 0 Grad fallen. Demnach ist der Winter in Köln am wärmsten. Hier unterschritt die Temperatur an durchschnittlich 70 Wintertagen nicht den Gefrierpunkt. Die Metropole am Rhein hat somit 17 Frosttage eingebüßt.
In München sind es sogar 24 Frosttage, die aufgrund des Klimawandels entfallen. Insgesamt bleibt es in der bayerischen Landeshauptstadt an 45 Wintertagen konstant über 0 Grad.
Die von Climate Central für den Vergleich verwendete Methodik bezieht sich auf einen vorindustriellen Referenzzeitraum von 1850 bis 1900, der dem Klimasystem vor dem signifikanten Einfluss des Menschen auf die globalen Oberflächentemperaturen nahekommt.
„Laut unserer Analyse gehört Deutschland zu den zehn Ländern, die am stärksten vom Verlust kalter Wintertage betroffen sind“, fasst Dr. Kristina Dahl, Vizepräsidentin und wissenschaftliche Leiterin von Climate Central das Ergebnis der Studie zusammen. „In den letzten zehn Jahren gab es in Deutschland mehr als zwei zusätzliche Wochen mit Tagen über null Grad Celsius. Wenn wir weiterhin Öl, Kohle und Gas verbrennen, sind wir auf dem besten Weg, den Winter, wie wir ihn kennen, zu verlieren – mit verheerenden Folgen für Mensch und Tierwelt“, lautet ihre Warnung.
Dr. Eckart von Hirschhausen sieht auch unmittelbare Gefahren für das Wohlbefinden der Deutschen: „Zu warme Winter sind eine zusätzliche Belastung unserer körperlichen und seelischen Gesundheit. Das spüren heute schon Menschen mit Allergien, oder Patienten mit einer Frühsommermeningoenzephalitis, die bereits im Januar auftritt“, so der Arzt und Wissenschaftsjournalist. „Auch die Borreliose nimmt krass zu, weil die übertragenden Zecken sich munter auch im zu milden Winter vermehren“, fügt Hirschhausen hinzu.
Unterschätzt sei aber auch die seelische Seite, die sogenannte Solastalgie. „Der Trost, den wir im Wechsel der Jahreszeiten, im Anblick von verschneiten Bergen, der Stille beim ersten Schneefall haben, ist fundamental. Welche Weihnachtslieder passen denn noch zu diesen Temperaturen?“, gibt Hirschhausen zu bedenken.
Aber nicht nur der deutsche Winter verliert Frosttage. Zwischen 2014 und 2023 haben mehr als ein Drittel der untersuchten Länder (44 von 123) mindestens sieben Frosttage weniger verzeichnet als in den Jahren zuvor. Neunzehn Länder – vor allem in Europa – verzeichneten durchschnittlich mindestens zwei Wochen an verlorenen Wintertagen im Jahr, so Climate Central. Neben Deutschland zählen hierzu Polen, die Tschechische Republik und Belgien. In Dänemark, Estland, Lettland und Litauen sind es sogar über 21 Wintertage mehr, an denen die Temperaturen nicht mehr unter den Gefrierpunkt fallen.
Die kälteste Zeit des Jahres füllt die Schneedecke auf, die eine wichtige Quelle für Süßwasser darstellt. Der Verlust winterlicher Kälte hat massive Auswirkungen auf die Lebenszyklen von Pflanzen, Tieren und Insekten und beeinflusst Ökosysteme im Verlauf des gesamten Jahres.