Experten sind sich einig: Der Klimawandel erhöht das Risiko für Infektionskrankheiten wie FSME. Verursacht wird das durch die zunehmende Ausbreitung von Zecken.
Angesichts der – auch im Winter – gestiegenen Durchschnittstemperaturen können sich Zecken besser ausbreiten. Und nicht nur das: Auch neue Arten werden bei uns heimisch. So bergen Zeckenstiche nicht nur zunehmend ein Risiko für Erkrankungen wie FSME und Borreliose, sondern zukünftig möglicherweise auch für weitere Krankheiten.
Zecken – und durch sie übertragene Krankheiten – galten lange Zeit hauptsächlich von Frühsommer bis Herbst als Problem. Doch es scheint sich ein neuer Trend abzuzeichnen. Aktuelle Studienergebnisse deuten darauf hin, dass der Klimawandel, der in Deutschland unter anderem mit Veränderungen der Temperaturen und der Luftfeuchtigkeit verbunden ist, die Lebensbedingungen für Zecken deutlich verbessert.
Beispielsweise zeigten Untersuchungen, dass Zecken zunehmend bereits früher im Jahr sowie auch noch bis zum Jahresende aktiv seien und besser überwintern könnten. Eine typische Zeckenzeit von März bis September gebe es nicht mehr, erklärt Masyar Monazahian, Virologe des Niedersächsischen Landesgesundheitsamtes.
Außerdem können sich bislang nur regional vorkommende Zecken besser ausbreiten. Doch was bedeutet das mit Blick auf die durch Zecken übertragenen Infektionskrankheiten?
Mehr Infektionskrankheiten durch den Klimawandel
Im Sachstandsbericht Klimawandel und Gesundheit 2023 warnt das Robert Koch-Institut (RKI) vor „signifikanten gesundheitlichen Risiken“ für den Menschen durch den Klimawandel – auch durch Infektionskrankheiten. Durch die wärmeren klimatischen Bedingungen könnten sich Viren und Bakterien sowie deren Überträger leichter vermehren.
Zu den bedeutendsten Gesundheitsschädlingen in Deutschland, die Infektionserreger auf den Menschen übertragen können, gehören laut dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz:
- Schildzecken,
- Nagetiere und
- Stechmücken.
Der Klimawandel wirke sich artspezifisch und regional unterschiedlich auf diese Tiere aus, zum Beispiel auf Vorkommen, Verbreitung sowie die Möglichkeiten der Überwinterung und Verbreitung von Infektionserregern.
Speziell für Zecken gilt: Mit steigenden Temperaturen fänden sich mehr von ihnen in der Natur, teilt die Pressestelle vom Naturschutzbund Deutschland e. V. (Nabu) auf Anfrage mit. Und somit nehme auch die Infektionsgefahr der durch Zecken übertragenen Krankheiten für Menschen zu. Zudem begünstigten die höheren Temperaturen die Ansiedelung eingeschleppter Arten.
Neu eingewanderte Zeckenarten – ein Risiko?
Neben den einheimischen Zeckenarten wie Dermacentor reticulatus (Auwaldzecke), Dermacentor marginatus (Schafzecke) und Haemphysalis concinna (Reliktzecke) können auch bisher in Deutschland nicht heimische Zeckenarten wie Rhipicephalus spp. (die Braune Hundezecke) und Hyalomma spp. nach einer Einschleppung nach Deutschland vom Klimawandel profitieren und hier perspektivisch günstigere Bedingungen vorfinden.
„Schildzecken sind in Mitteleuropa die bedeutendsten Überträger von Infektionserregern auf den Menschen“, sagt Susanne Glasmacher, Biologin und Pressesprecherin des RKI. Für Deutschland habe der verbreitete Gemeine Holzbock, Ixodes ricinus, bisher die größte gesundheitliche Bedeutung.
Aber durch den Klimawandel werden auch neue Zeckenarten bei uns heimisch, die bis vor wenigen Jahren in Deutschland überhaupt noch nicht vorkamen, darunter die Tropenzecke Hyalomma. Diese ist aus warmen Gegenden durch Zugvögel nach Deutschland gelangt. Die Zahlen sind bislang noch gering, doch es ist nicht auszuschließen, dass sie sich künftig vermehren, wenn sie günstige Überlebensbedingungen vorfinden. Bereits jetzt können sie gefährliche Krankheitserreger übertragen, laut RKI beispielsweise das Krim-Kongo-Virus, das beim Menschen das schwere, bisweilen sogar tödliche Krim-Kongo-Hämorrhagische-Fieber (CCHF) auslöst. Mehr Informationen zu den Gefahren der Hyalomma-Zecke finden Sie hier.
Zecken übertragen unter anderem Infektionskrankheiten wie Borreliose und die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) auf den Menschen. Während es gegen FSME einen schützenden Impfstoff gibt, kann man sich vor Borreliose nur durch präventive Maßnahmen schützen. Bislang tragen Zecken häufiger den Borreliose-Erreger in sich und seltener das FSME-Virus.
Experten vermuten aber, dass FSME-Fälle zukünftig, bedingt durch den Klimawandel, zunehmen könnten. Bislang lässt sich allerdings kein eindeutiger Trend verzeichnen. Die Fallzahlen schwanken von Jahr zu Jahr. Im Jahr 2022 wurden dem RKI zufolge insgesamt 546 FSME-Erkrankungen übermittelt. 2021 waren es 421 FSME-Erkrankungen. 2020 wurden 717 Fälle gemeldet, 2019 445 Fälle und 2018 583. Deutlicher wird der Aufwärtstrend allerdings, wenn man weiter zurückblickt: 2001, im ersten Jahr der FSME-Meldepflicht in Deutschland, wurden 254 FSME-Fälle registriert.