Schwindel kann durch Stress und psychische Erkrankungen begünstigt werden. Wie sich psychogener Schwindel bemerkbar macht und wann er diagnostiziert wird.
Wenn sich keine körperliche Ursache für Schwindel finden lässt, könnte die Psyche dahinterstecken: Stress und seelische Belastungen sind mögliche Auslöser. Fachleute sprechen von einem psychogenen Schwindel. Nicht selten ist ein Zusammenhang mit psychischen Erkrankungen wie Depressionen oder Angsterkrankungen erkennbar.
Schwindelzustände, deren Ausmaß nicht ausreichend durch körperliche Ursachen zu erklären sind, werden seit 2017 unter dem Begriff funktioneller Schwindel (Persistent Postural-Perceptual Dizziness, PPPD) zusammengefasst. Darunter fallen auch psychogene, also psychisch bedingte Schwindelformen wie der sogenannte phobische Schwankschwindel. Funktioneller Schwindel ist eine der häufigsten Schwindelformen in Ambulanzen.
Oft geht einem funktionellen beziehungsweise psychogenen Schwindel eine körperliche Erkrankung mit Schwindel voraus – etwa eine Erkrankung des Innenohrs. Wenn die Person auch nach Abklingen der Ursprungserkrankung weiter Beschwerden hat und sich unsicher auf den Beinen fühlt, kann das ein Hinweis auf psychogenen Schwindel sein.
Schwindel kann sich je nach Ursache sehr unterschiedlich anfühlen. Bei einem psychogenen Schwindel besteht in der Regel eine Unsicherheit beim Gehen und/oder Stehen. Betroffene berichten zum Beispiel, sich „schummerig“, benommen oder benebelt im Kopf zu fühlen und wie auf Wolken oder Watte zu gehen, zu taumeln zu schwanken.
Häufig ist der Schwindel durchgehend über einen längeren Zeitraum vorhanden. Er kann jedoch in seiner Ausprägung variieren und sich unter bestimmten Voraussetzungen verstärken – zum Beispiel beim Aufenthalt in einer Menschenmenge oder im Supermarkt.
Diese Beschwerden können auf einen psychogenen Schwindel hinweisen, insbesondere, wenn eine Person gleichzeitig psychische Beschwerden oder Stress verspürt. Ein Beweis für einen psychischen Zusammenhang sind solche Symptome jedoch nicht. Daher ist es wichtig, körperliche Ursachen auszuschließen und herauszufinden, ob tatsächlich ein psychisches Problem vorliegt.
Nicht typisch für einen psychogenen Schwindel ist ein Drehschwindel – so, als würde sich alles wie auf einem Karussell drehen. Hinter einem solchen Schwindel stecken meist andere Ursachen. Übelkeit und Erbrechen kommen bei einem psychogenen Schwindel eher selten vor. Auch Stürze treten in der Regel nicht auf.
Ist psychogener Schwindel stark ausgeprägt oder tritt er immer wieder auf, kann eine psychische Erkrankung die Ursache sein. Schwindel kann im Rahmen verschiedener psychischer Störungen auftreten. Dazu zählen etwa:
- Angststörungen wie generalisierte Angststörung, Panikstörung, Phobien
- Depressionen
- posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS)
- somatoforme Störung (Diese äußert sich durch Beschwerden, für die keine körperliche organische Ursache gefunden werden kann.)
- psychotische Störungen wie etwa Schizophrenie
Die häufigste Form des psychogenen Schwindels ist der sogenannte phobische Schwankschwindel, auch Angstschwindel genannt.
Phobischer Schwankschwindel tritt besonders bei Personen auf, die unter Angststörungen und/oder Depressionen leiden.
Betroffene Personen erleben immer wieder Schwindelattacken. Sie fühlen sich unsicher beim Gehen und Stehen und haben das Gefühl, zu schwanken. Oft fühlen sie sich dabei unruhig oder benommen. Der Schwindel tritt häufig in bestimmten Situationen mit gefühlter psychischer Belastung auf, zum Beispiel
- beim Autofahren,
- in öffentlichen Verkehrsmitteln,
- in Menschenmengen,
- in der Schlange an der Kasse und/oder
- in sozialen Situationen, etwa während einer Besprechung.
Einzelne Attacken halten oft nur für den Bruchteil einer Sekunde an, können aber auch länger andauern. Aus Angst vor einer erneuten Attacke versuchen viele Betroffene, die auslösenden Situationen zu meiden, was die Angst weiter verstärkt.
Phobischer Schwankschwindel kann auf eine Angsterkrankung hinweisen. Er kann Teil einer Panikattacke sein – dann treten gleichzeitig mit dem Schwindel weitere Beschwerden wie Herzrasen oder Schweißausbrüche auf.
Oft entwickelt sich phobischer Schwankschwindel bei starker psychischer Belastung, zum Beispiel durch Stress am Arbeitsplatz, Probleme in der Beziehung oder einen Trauerfall. Ursprünglich körperlich bedingter Schwindel kann späteren psychogenen Schwindel begünstigen: Die Person spürt dann Schwindel, obwohl sie nicht mehr körperlich krank ist.
Bevor tatsächlich von einem funktionellen oder psychogenen Schwindel gesprochen werden kann, ist es wichtig, körperliche Auslöser auszuschließen. Eine erste Anlaufstelle kann die hausärztliche Praxis sein. Gegebenenfalls können sich Untersuchungen durch Ärztinnen und Ärzte aus anderen Fachrichtungen anschließen – etwa aus der Hals-Nasen-Ohrenheilkunde oder der Neurologie.
Die Ärztin oder der Arzt wird im Gespräch etwa wissen wollen,
- wie sich der Schwindel genau anfühlt,
- wie lange die Beschwerden schon bestehen,
- wie häufig der Schwindel auftritt,
- ob die Person weitere Beschwerden hat und/oder
- ob die Person bestimmte Medikamente einnimmt.
Je nach vermuteter Ursache kommen weitere Untersuchungen infrage, zum Beispiel:
- der neurologischen Funktionen
- der Augenbewegungen
- der Bluts
- der Halswirbelsäule
- des Kreislaufs
- der Ohren
Lässt sich keine körperliche Ursache finden, kann ein Termin in einer psychiatrischen oder psychologischen Praxis hilfreich sein. So lässt sich herausfinden, ob möglicherweise eine psychische Störung vorliegt – etwa eine Depression oder eine Angsterkrankung.
Wenn der Schwindel auf psychische Faktoren wie etwa Stress zurückzuführen und sehr belastend ist, kann möglicherweise eine Psychotherapie helfen. In der Therapie kann die Person zum Beispiel lernen, besser mit Stress umzugehen. Gegebenenfalls kommt auch eine (zusätzliche) Behandlung mit Medikamenten infrage.
Im Falle einer Angsterkrankung kann etwa eine Verhaltenstherapie dazu beitragen, die Beschwerden zu lindern. Welche Therapieform am besten geeignet ist, hängt von der Grunderkrankung, ihrer Schwere und von den individuellen Wünschen und Voraussetzungen der betroffenen Person ab.