Deutschland blickt gespannt auf die Bundestagswahl 2025. Shakuntala Banerjee begleitet sie fürs ZDF und gibt Einblicke in ihre Arbeit als Politikchefin.
Nach dem Bruch der Ampelkoalition findet am kommenden Sonntag, dem 23. Februar, die vorgezogene Bundestagswahl statt. Die politische Anspannung in Deutschland ist spürbar – ein Rechtsruck zeigt sich mitunter an hohen Umfrageergebnissen für die AfD.
Shakuntala Banerjee wird am Wahltag im Zweiten berichten. Sie übernahm die Leitung der ZDF-Hauptstadtredaktion Politik und Zeitgeschehen im vergangenen Jahr nach Matthias Fornoffs Entlassung. Im Interview mit t-online berichtet sie von Sorgen um Deutschlands Demokratie und warum sie auch heute noch das Lampenfieber packt.
t-online: Frau Banerjee, es gibt einen spürbaren Rechtsruck, die AfD hat sich zunehmend radikalisiert. Gleichzeitig steht mit dem BSW noch eine weitere populistische Partei im Wahlkampf. Welche Herausforderung bedeutet das für die Berichterstattung zur Bundestagswahl?
Shakuntala Banerjee: Unsere Verantwortung ist immer, möglichst viele Informationen vor einer Bundestagswahl zur Verfügung zu stellen, zu berichten, was welche Partei möchte. Da gehört es natürlich dazu, nicht nur auf die Parteiprogramme zu schauen, sondern auch hinter die Kulissen. Wofür steht die Partei in dem, was ihre Mitglieder sagen und auch tun? Das ist nicht immer deckungsgleich mit dem Parteiprogramm, das liegt auch in der Natur der Sache.
Man schaut: Wo steht die Mehrheit der Partei und wer setzt sich durch? Das versuchen wir klarzumachen und das versuchen wir natürlich auch bei einer AfD klarzumachen, die vom Verfassungsschutz als in Teilen rechtsextrem eingestuft wird. So etwas muss man bei einer demokratischen Wahl tatsächlich noch einmal gesondert betrachten und auch hervorheben. Aber in erster Linie geht es um Inhalte der Wahlberichterstattung.
Unternehmer und Trump-Berater Elon Musk stellt sich öffentlich hinter die AfD und nutzte kürzlich seine Plattform X für ein Livegespräch mit Alice Weidel. Sind soziale Medien mehr Gefahr oder Chance für die Informationsgesellschaft?
Ich sehe soziale Medien erst einmal als Chance, dass sich Menschen organisieren können, denen das vorher schwergefallen ist. Wir können eine größere Vielfalt in die öffentliche Diskussion und in den öffentlichen Raum hineinbringen. Problematisch wird es, wenn das passiert, was wir jetzt gerade sehen. Wenn Anbieter sozialer Medien ihre Macht benutzen, um bestimmten politischen Parteien Vorteile zu verschaffen. Das greift in unsere Demokratie ein. Das greift in die demokratische Debatte ein und in die Informationsvermittlung, die unglaublich wichtig für demokratische Wahlen ist. Das finde ich sehr bedenklich.
Wie sollte man damit umgehen?
Wir müssen als Gesellschaft über diesen Eingriff nachdenken, auch die Politik in Deutschland und in Europa muss darüber nachdenken. Das ist eine Debatte, der wir uns in den nächsten Jahren mit Sicherheit stellen müssen und die hoffentlich auch geführt wird.
RTL richtete ein Kanzler-Quadrell mit Olaf Scholz, Friedrich Merz, Robert Habeck und Alice Weidel aus. Warum war das nicht im öffentlich-rechtlichen Rundfunk möglich?
Wir hatten auch von Anfang an Runden geplant, in denen alle vier aufeinandertreffen. Zum Beispiel das Wahlforum „Klartext“, bei dem Bürgerinnen und Bürger allen vier Kanzlerkandidaten Fragen stellen konnten. Ein ähnliches Format gab es am Montag vor der Bundestagswahl. In der Sendung „Die Schlussrunde“, die nur vier Tage vor der Bundestagswahl stattfindet, bieten wir den vier Kandidaten ebenfalls noch mal die Gelegenheit, aufeinanderzutreffen.
Aber ein Format, in dem die Kandidaten sich den Wählerfragen stellen, ist etwas anderes als eine Sendung, in der sie hart von Journalisten gefragt werden. Woran ist das gescheitert?
Die Sendung „Klartext“ hat gezeigt, wie fundiert und hartnäckig Menschen nachhaken, die sich mit einer Sache gut auskennen und eine konkrete Antwort wünschen. Zudem haben wir im ZDF sowohl Olaf Scholz und Friedrich Merz als auch Robert Habeck und Alice Weidel sehr ausführlich und kritisch journalistisch befragt. Ich kann verstehen, dass das „Quadrell“ als Format mit großem Event-Charakter viel Aufmerksamkeit auf sich zieht, aber ich bin sicher, dass wir mit dem Duell und den ergänzenden Sendungen „Was nun, Herr Habeck?“ und „Was nun, Frau Weidel?“ einen Beitrag dazu geleistet haben, verschiedene Themen mit den Kandidaten und der Kandidatin konzentriert und etwas tiefergehend zu besprechen.