Ex-Vizekanzler als Telefonjoker bei Jauch
Was wurde aus dem „Wunderkind“ der FDP?
Aktualisiert am 06.03.2025 – 09:47 UhrLesedauer: 3 Min.
Er galt als Hoffnungsträger der FDP, schaffte es bis zum Vizekanzler: Heute kümmert sich Philipp Rösler vor allem um ein Thema, das ihm sehr am Herzen liegt.
Als Philipp Rösler die Geschicke der deutschen Liberalen im Jahr 2011 übernahm, war die Partei in Aufruhr: Der damalige Außenminister Guido Westerwelle war gerade als FDP-Chef zurückgetreten, unter anderem wegen umstrittener Äußerungen zum westlichen Libyen-Einsatz. Die Partei dümpelte im Umfragekeller, versenkte eine Landtagswahl nach der nächsten, kämpfte ums politische Überleben.
Dann kam Rösler. Der damals 38-Jährige übernahm den Vorsitz der Partei, galt als „Wunderkind“ der Liberalen. Er rückte auf ins Amt des Wirtschaftsministers und Vizekanzlers im schwarz-gelben Merkel-Kabinett und versuchte, mit der Ära Westerwelle zu brechen.
Doch zwei Jahre später war bereits wieder Schluss: Bei der Bundestagswahl 2013 flog die FDP aus dem Bundestag, Rösler verließ daraufhin sein Amt, sein Nachfolger wurde Christian Lindner, damals noch Generalsekretär der Liberalen.
Rösler gab nicht nur sein Amt auf, sondern verließ die Politik gleich ganz. Er zog mit seiner Familie in die Schweiz und arbeitet seitdem in der globalen Wirtschaft – in unterschiedlichen Rollen: Von 2014 bis 2017 war Rösler Vorstandsmitglied und Geschäftsführer des Weltwirtschaftsforums, bevor er zum chinesischen Mischkonzern HNA wechselte. Rösler verließ die Firma jedoch eineinhalb Jahre später wieder – laut „SZ“, weil ihm die monatlichen Flüge in die USA zu stressig wurden.
Privat kann sich der heute 52-Jährige jedoch wieder für das Fliegen begeistern. In einem Fernsehauftritt bei der Sendung „Wer wird Millionär?“ wurde der ehemalige Vizekanzler überraschend von einer Kandidatin als Telefon-Joker angerufen. Diese verriet daraufhin, Rösler über die gemeinsame Leidenschaft des Fliegens kennengelernt zu haben.

Neben Aufsichtsratsposten beim Medizintechnikunternehmen Siemens Healthineers, der IT-Firma Brainloop, dem finnischen Energieversorger Fortum und dem Schweizer Krypto-Unternehmen Bitcoin Suisse, gründete Rösler 2020 seine eigene Beratungsfirma, die Consessor AG mit Sitz in der Schweiz. Hauptaugenmerk seiner dortigen Arbeit liegt im Bereich grenzüberschreitender Investitionen, internationale Marktzugänge und der Marktentwicklung für Europa und Asien.
Letzteres scheint für Rösler mittlerweile auch ein Herzensthema zu sein: Denn Rösler wurde 1973 in Vietnam geboren, wo ihn seine Eltern infolge des Vietnamkriegs in ein Waisenhaus gegeben hatten. Neun Monate später adoptierte ihn das deutsche Ehepaar Rösler und er kam in die Bundesrepublik. Aus dem vietnamesischen Kleinkind wurde Philipp Rösler.
Doch Zugang zu seinem Geburtsland fand der deutsche Ex-Vizekanzler offenbar erst spät: 2012 reiste der damalige Minister erstmals nach Vietnam, verzichtete aber auf einen Besuch seines Geburtsortes. Seine vietnamesischen Wurzeln hatte Rösler während seiner politischen Karriere weitgehend ausgeblendet. In Interviews sagte Rösler, dass er nie das Bedürfnis hatte, danach zu suchen.
Erst der Ausstieg aus der Politik hatte ihm offenbar diese Tür geöffnet: Heute unterstützt Rösler nicht nur junge Firmen aus Vietnam oder sitzt im Aufsichtsrat des vietnamesischen Agrarkonzerns Loc Troi Group, sondern ist seit 2021 auch Honorarkonsul für Vietnam in der Schweiz.
Seitdem reist der ehemalige FDP-Chef regelmäßig in sein Geburtsland, wie etwa Anfang 2022, als er zum ersten Mal sein Waisenhaus besuchte und sich auf die Spuren seiner Vergangenheit machte. Er besuchte das katholische Waisenhaus, in dem seit dem Vietnamkrieg erstmals wieder 25 Waisenkinder lebten. Rösler sprach vom „bewegendsten Moment in meinem Leben“.