Aktien liegen auf Rekordkurs und der Goldpreis feiert ein Allzeithoch nach dem anderen. Der US-Dollar ist stabil und die Zinsen fallen Stück für Stück. Ist Donald Trump denn gar kein Problem?
Die Erinnerung an die Wahlnacht 2016 ist bei unserem Team von Feingold Research noch lebhaft vorhanden. Am ersten Novemberdienstag 2016 hatten wir für interessierte Zuschauer ein Webinar von abends 20 Uhr bis morgens um 9 Uhr angeboten. In dieser Nacht, als Donald Trump das erste Mal zum US-Präsidenten gewählt wurde, drehte es die Anlageklassen einmal auf links und wieder zurück.
Der Goldpreis wurde ebenso erratisch hin und her gehandelt wie der US-Dollar zu Euro und Yen, die Future-Kurse für internationale Aktien schwankten genauso wie die Zinsmärkte. (Futures sind Finanzprodukte, bei denen Händler sich auf einen Zeitpunkt und Preis für beispielsweise eine Aktie in der Zukunft festlegen, Anm. der Red. Mehr dazu lesen Sie hier.)
Als erste Reaktion herrschte nackte Panik und man erwartete für den Morgen nach der Wahl einen Dax von mindestens fünf Prozent im Minus. Allerdings: Als der Mittwoch nach der Wahl dann anbrach, hatten sich die Investoren auf eine ganz andere Lesart geeinigt. Trump war auf einmal nicht mehr furchterregend für Aktien und Zinsen, sondern wurde als Heilsbringer für Aktien gesehen. Eine derart schnelle Anpassung sah man selten zuvor.
Daniel Saurenz ist Finanzjournalist, Börsianer aus Leidenschaft und Gründer von Feingold Research. Mit seinem Team hat er insgesamt mehr als 150 Jahre Börsenerfahrung und bündelt Börsenpsychologie, technische Analyse, Produkt- und Marktexpertise. Bei t-online schreibt er über Investments und die Lage an den Märkten, immer unter dem Fokus des Chance-Risiko-Verhältnisses für Anleger. Sie erreichen ihn auf seinem Portal www.feingoldresearch.de.
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2024 ist die Lage völlig anders
Wenige Tage vor einer möglichen Wahl Donald Trumps und einer ebenso möglichen sogenannten Roten Welle, also einer Erfolgsserie der Republikaner im Kongress und Senat, herrscht am Aktienmarkt Entspannung. Dabei gäbe es Anzeichen für Unruhe. Die Renditen zehnjähriger Staatsanleihen steigen seit Wochen an, da man hohe Verschuldung unter Trump befürchtet. Auch Zölle und Protektionismus wären im Grunde ein Bremsklotz für Aktien.
Doch weder der US-Technologieindex Nasdaq 100 noch der S&P 500 oder Dow Jones zeigen Zeichen der Panik. „Dass die Kurse von Uber, Microsoft oder Meta zuletzt etwas gesunken sind, war eher Reaktion auf zwar starke Quartalszahlen nach zuvor heftig gestiegenen Kursen – ein klassisches ‚Sell-on-good-news‘ (zu Deutsch: Verkaufen bei guten Nachrichten, Anm. der Red.)“, grenzt Vanyo Walter vom Broker RoboMarkets die Kursrückgänge von der US-Wahl ab. Ist Trump also gar kein Problem?
Vermutlich schon. Denn wie es Tillman Galler, Kapitalmarktstratege bei JP Morgan Asset Management, zusammenfasst, „ist die Zinswende in nahezu allen großen Volkswirtschaften vollzogen“. Auf dieses Umfeld träfe jedoch Donald Trump, dem die Experten unisono eher inflationäre Pläne nachsagen. Auf die Frage, wie weiter sinkende Zinsen und die Erwartungen einer steigenden Inflation zusammenpassen sollen, liefern selbst Volkswirte selten eine konkrete Antwort.
„Nach den rasanten Zinserhöhungen in den vergangenen Jahren geht der Zinsexpress nun in die andere Richtung“, sagt Galler. Dies habe aber seinen Preis, einen „free lunch“ an den Kapitalmärkten gebe es nicht. „Die Risiken haben zugenommen“, so Galler. („Free lunch“ meint sinngemäß: zu profitieren, ohne etwas dafür herzugeben, Anm. der Red.)
Comgest Asset Management weist darauf hin, dass „die historischen Renditen des S&P 500 zeigen, dass Aktien in Wahljahren tendenziell eine positive Performance erzielen, unabhängig davon, welche politische Partei die Präsidentschaft gewinnt“. Dies ist nicht nur richtig, sondern wird 2024 ins Extreme geführt. „Das Wahljahr 2024 ist für die US-Aktienmärkte das positivste Wahljahr seit 1936“, so RoboMarkets-Experte Walter. Dies impliziert, dass die Fallhöhe bei einem Sieg von Trump oder auch Harris durchaus üppig ist.
Dazu kommt: „Grausamkeiten“ werden gewöhnlich im ersten Jahr eines neuen Präsidenten verkündet. Das ist in den USA nicht anders als in Europa. Gewinnen die Demokraten, wären die Belastungen eher auf der steuerlichen Seite zu finden. Doch auch bei Trump wäre reichlich Luft für negative Schwingungen. Zölle und Handelsbeschränkungen gepaart mit Inflation sind nicht gerade der Traum großer Investoren.
Die Wahlnacht muss nicht so spannend werden, wie es 2016 war. Doch die Zeit danach könnte womöglich im Gegensatz zu 2016 doch merklich unentspannter werden. Wem das Umfeld zu knifflig ist, der hat vor der Wahl noch eine gute Auswahl, um sein Depot abzusichern.
Ganz praktisch geht dies entweder über Short-Papiere bei Brokern oder konkrete Put-Optionsscheine auf den S&P 500 mit Laufzeit bis Dezember 2025 (Wertpapierkennnummer JV2GNF). (Short-Papiere oder Put-Optionsscheine sind Finanzprodukte, mit denen Anleger von fallenden Kursen profitieren können, Anm. d. Red.)