Nur 36 Konzerne sind für die Hälfte der Emissionen weltweit verantwortlich. Bei einigen der Firmen scheint keine Veränderungsbereitschaft vorhanden. Höchste Zeit, etwas dagegen zu tun, findet unsere Kolumnistin.
Ich erinnere mich an die Zeit, in der Konzerne wie Shell und BP „Climate Pledges“ auslobten, also sich verpflichteten, ihren CO2-Ausstoß drastisch zu reduzieren. Das ist gar nicht lange her. 2020, nachdem die Klimabewegung weltweit zu Protesten mobilisiert hatte, versprach etwa der britische Öl- und Gaskonzern Shell, 2050 klimaneutral sein zu wollen und seine Emissionen bis 2035 um 45 Prozent zu senken. Viele feierten das als Erfolg der Klimaproteste, einige kritisierten die Ankündigungen als Heuchelei. Lange gehalten haben sich die Versprechen nicht.
Shell ruderte Anfang 2024 zurück, Konkurrent BP hatte seine Ziele schon ein Jahr zuvor nach unten korrigiert. Ende Februar legte der BP-Chef noch mal nach und machte unmissverständlich klar, dass Profite für ihn über den Klimazielen stehen. Der Konzern werde sich wieder auf sein Kerngeschäft rund um Öl und Gas fokussieren und die Produktion weiter ausbauen. Die Investitionen in erneuerbare Energien sollen stark zurückgefahren werden. Dabei wäre eine Veränderung auf Seite der Kohle-, Öl- und Gas-Produzenten ein massiver Hebel, um die globalen Emissionen herunterzufahren und die Erderhitzung innerhalb der durch das Pariser Klimaschutzabkommen gesetzten Marke zu stoppen.
Nur 36 Kohle-, Öl- und Gaskonzerne sind aktuell für 50 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich, darunter Saudi Aramco, Coal India, ExxonMobil, Shell, BP und zahlreiche chinesische Unternehmen. Im Jahr 2023 verursachten sie mehr als 20 Milliarden Tonnen CO2. Wie die Beispiele Shell und BP zeigen: Etliche versuchen nicht einmal mehr, etwas daran zu ändern. Im Gegenteil. Sie tun so, als gäbe es kein Morgen. Kein Wunder. Denn es fehlt inzwischen in vielen Regionen der Welt jeglicher politischer Druck oder gesellschaftlicher Anreiz.
Die gemeinnützige Klimadenkfabrik InfluenceMap nimmt regelmäßig Großunternehmen unter die Lupe, aktuell 169 Konzerne weltweit. Mithilfe einer Datenbank, der Carbon Majors Database, berechnet sie die Emissionen, die von ihnen vor allem durch die Verbrennung von Kohle, Öl und Gas freigesetzt werden.
Das sind die interessantesten Ergebnisse des neuen Berichts für 2023:
- Wäre die saudi-arabische Erdölfördergesellschaft Saudi Aramco ein Land, wäre es der viertgrößte Verschmutzer der Welt nach China, den USA und Indien.
- 25 der 36 größten Emittenten sind staatliche Unternehmen. Die größten fünf davon: Saudi Aramco, das indische Bergbauunternehmen Coal India, das iranische Öl- und Gasunternehmen NIOC und die chinesischen Energiekonzerne CHN Energy und Jinneng Group. Insgesamt zehn stammen aus China, dem aktuell mit Abstand größten Verschmutzerland der Welt.
- Die fünf größten Konzerne in Hand von Investoren sind ExxonMobil und Chevron aus den USA, Shell und BP aus Großbritannien und TotalEnergies aus Frankreich.
- 41 Prozent der im Jahr 2023 erfassten Emissionen stammen aus Kohle, 32 Prozent aus Öl, 23 Prozent aus Gas und 4 Prozent aus Zement.
- 93 Unternehmen haben ihre Emissionen 2023 erhöht, 73 haben sie gesenkt und drei das Niveau beibehalten.
Auch deutsche Unternehmen finden sich unter den 169 Großkonzernen in der Datenbank. RWE liegt 2023 auf Platz 109, Heidelberg Materials auf Platz 119 und BASF auf 129. Werden die historischen Emissionen einbezogen – also alle, die zwischen 1854 und 2023 verursacht wurden –, landet RWE auf Platz 44 der größten Verschmutzer weltweit, Heidelberg Materials auf Rang 108 und BASF auf dem 90. Platz.

Die Auswertung der historischen Emissionen zeigt, dass zwei Drittel der CO2-Emissionen aus fossilen Brennstoffen seit der industriellen Revolution von 180 Unternehmen verursacht wurden. 11 davon existieren nicht mehr.
Die Internationale Energieagentur (IEA) erklärte bereits 2021, dass neue Vorhaben für fossile Brennstoffe nicht mit der Einhaltung des Pariser Klimaschutzabkommens vereinbar sind. Dennoch steigen insgesamt nicht nur die Investitionen in emissionsarme und erneuerbare Energien – auch in die Erkundung und den Ausbau fossiler Projekte wird weltweit massiv investiert.
Der US-amerikanische Professor für Umweltstudien an der Brown University, Timmons Roberts, vermutet – wie viele Klimaaktivistinnen und -akivisten schon damals –, dass die Öl- und Gas-Unternehmen ihre Klimaversprechen überwiegend aus taktischen Motiven abgegeben hätten, berichtet der „Spiegel“. Sie hätten versucht, glaubhaft „den Eindruck zu vermitteln, dass sie nicht gesetzlich reguliert werden müssen“, in einer Zeit, in der das gesellschaftlich und politisch möglich schien. Schließlich würden sie die nötige Veränderung ja selbst aktiv vorantreiben.