Kaffee ist so teuer wie seit fast 50 Jahren nicht. Das liegt nicht nur am weltweit steigenden Kaffeedurst, sondern vor allem an Ernteausfällen in den größten Anbaugebieten. Ein Ende der Preisspirale ist nicht in Sicht.
Der Kaffee am Morgen ist für viele ein Genuss – allerdings einer, der immer teurer wird. Bereits seit Jahren steigen die Kaffeepreise. Doch inzwischen ist der Muntermacher so kostspielig wie seit fast 50 Jahren nicht. Und die Preise dürften weiter anziehen. Warum? Allem voran hinterlässt das veränderte Klima seine Spuren. Dazu kommen weitere Faktoren. Der Reihe nach:
Weil es zu wenig geregnet hat, ist etwa die Ernte in Brasilien, dem weltweit größten Kaffeeproduzenten, bedroht. Kaffee ist eine empfindliche Pflanze. Fällt in Brasilien die Ernte geringer aus, wirkt sich das auf die weltweiten Preise aus. Fast die Hälfte des besonders hochwertigen und besonders teuren Arabica-Kaffees kommt aus dem größten Flächenstaat Südamerikas.
Schon in den vergangenen Jahren hat Brasilien nicht mehr so viel Kaffee ernten können wie zu klimatisch besseren Zeiten. Nun wird das Angebot noch knapper. Andererseits ist auch zu viel Wasser ein Problem für Kaffee. Und das ist in Vietnam der Fall. Auch hier fallen die Ernteerträge in diesem Jahr geringer aus. Im zweitgrößten Anbaugebiet vernichten Überschwemmungen durch Starkregen die Ernte.
Seit ein paar Jahren zeigen sich diese Entwicklungen in Brasilien und Vietnam. Inzwischen sind die Lager geleert, die Vorräte aufgebraucht. Folglich steigen die Preise. 1977, als Schnee in Brasilien die Kaffeepflanzen erfrieren ließ, war Kaffee zuletzt so teuer wie jetzt.
Antje Erhard arbeitet seit rund 20 Jahren als Journalistin und TV-Moderatorin. Ihr Weg führte sie von der Nachrichtenagentur dpa-AFX u. a. zum ZDF. Derzeit arbeitet sie für die ARD-Finanzredaktion in Frankfurt und berichtet täglich, was in der Welt der Börse und Wirtschaft passiert.
Während also weniger Kaffee aus den mit Abstand größten Anbaugebieten der Welt in den Export geht, ist die Auslieferung teurer geworden: In den Jahren seit der Pandemie sind die Frachtraten der Containerschiffe zum Teil um das Sieben- bis Zehnfache gestiegen. Auch das macht sich bei den Kaffeepreisen bemerkbar.
Und Deutschland wäre nicht Deutschland, wenn es nicht auf Kaffee eine Steuer gäbe. Schließlich werden andere Genussmittel auch besteuert: Bier, Alkohol, Tabak. Rund eine Milliarde Euro Steuereinnahmen kommen allein durch Kaffee ins Staatssäckel. Laut Bundesfinanzministerium müssen die Hersteller pro Kilo Kaffee 2,19 Euro abführen, für löslichen Kaffee 4,78 Euro. Auch bei Süßigkeiten mit Kaffee, etwa Mokkabohnen oder Schokolade mit Kaffee-Geschmack, verdient der Fiskus mit.
Doch der Durst ist groß, trotz der hohen und steigenden Kosten. Das geringere Angebot trifft auf immer mehr Nachfrage, vor allem in Asien. In der Region der Teetrinker wird die Teeschale immer öfter durch die Kaffeetasse ersetzt. Vor allem in China ist Kaffee ein gefragtes Lifestyle-Produkt; dort wächst der Kaffeekonsum am schnellsten.
In China trinkt man im Schnitt elf Tassen Kaffee pro Jahr. Zugegeben, im weltweiten Vergleich ist das wenig. Deutsche Kaffeegenießer kommen auf 3,8 Tassen – pro Tag. Aber noch vor zehn Jahren war der Konsum in China deutlich niedriger als jetzt: ungefähr die Hälfte.
Und wie in Europa oder den USA ist auch in China Kaffee kein Produkt mehr nur für zu Hause: Kaffeeketten verbreiten sich in Shanghai und Peking in großer Geschwindigkeit. Die erste Filiale eröffnete die US-Kaffeekette Starbucks in Peking 1999, heute sind es rund 7.600 Filialen in ganz China.
Inzwischen gibt es längst auch chinesische Kaffeeketten und immer mehr chinesischen Kaffee: Im Süden des Landes baut China selbst Kaffee an. Das war auch schon vor Jahrzehnten so, doch die Chinesen haben keinen Kaffee getrunken; es ging nahezu alles in den Export. Heute wird auch fürs Inland produziert.
Die Folgen: An der Rohstoff-Börse in New York kostet ein Pfund Rohkaffee, das jetzt im Dezember verkauft wird, gerade über drei US-Dollar. Das ist so viel wie zuletzt Ende der 70er Jahre. Kaffee wird – wie andere Rohstoffe – über sogenannte Termingeschäfte gehandelt. Das heißt, Käufer und Verkäufer einigen sich heute auf den Preis, der bei Lieferung in der Zukunft fällig wird.
Terminkontrakte für Lieferungen nach Dezember werden auf dem Weltmarkt derzeit noch teurer gehandelt. Das bedeutet, Kaffee dürfte in Zukunft noch mehr kosten. In den Cafés und Supermärkten und also beim Verbraucher kommen die Erhöhungen mit Verzögerung an. Doch allein in diesem Jahr ist Rohkaffee bis dato 70 Prozent im Preis gestiegen. Experten erwarten, dass der Genuss im kommenden Jahr nochmals bis zu 30 Prozent mehr kostet. Damit bliebe Kaffee, wenn es so kommt, immerhin ein gutes Investment.