Bittere Aprikosenkerne sollen gegen Krebs helfen – das wird zumindest oft behauptet. Doch der Verzehr ist nicht nur unwirksam, sondern auch riskant.
Auf der Suche nach einer alternativen Heilmethode gegen Krebs stoßen Interessierte früher oder später meist auch auf bittere Aprikosenkerne. Das in den Kernen enthaltene Amygdalin soll Anhängern zufolge Krebszellen bekämpfen – ebenso wie der chemisch verwandte Stoff namens Laetrile/Laetril.
Vor allem im Internet bieten zahlreiche Händler bittere Aprikosenkerne beziehungsweise Amygdalin in unterschiedlichen Formen zum Kauf an, etwa als Snack oder Nahrungsergänzungsmittel in Kapselform.
Häufiger wird Amygdalin in diesem Zusammenhang als „Vitamin B17“ bezeichnet. Amygdalin ist jedoch kein Vitamin, sondern ein sogenanntes cyanogenes Glykosid. „Vitamin B17“ ist vielmehr eine reine Fantasiebezeichnung, die vermutlich den Anschein erwecken soll, etwas Gesundes zu sich zu nehmen.
Es gibt süße und bittere Aprikosenkerne, die sich äußerlich kaum voneinander unterscheiden. Im Vergleich zur süßen Variante enthalten bittere Aprikosenkerne viel Amygdalin. Dieser Stoff soll – wenn man den Anhängern Glauben schenkt – Krebs heilen können. Amygdalin ist nicht nur Bestandteil von Aprikosenkernen, sondern unter anderem auch von Bittermandeln.
Im Internet ist häufiger zu lesen, Krebs stünde mit einem Mangel an „Vitamin B17“ (also Amygdalin) in Zusammenhang. Im Umkehrschluss soll es bei regelmäßiger Einnahme Tumoren verkleinern und vor Tochtergeschwülsten (Metastasen) schützen und dabei schonender sein als eine Chemotherapie.
Es gibt keine wissenschaftlich fundierten Studien, die belegen, dass die Inhaltsstoffe bitterer Aprikosen- oder Mandelkerne gegen Krebs helfen und somit gut für die Gesundheit sind. Auch gibt es keine Beweise dafür, dass ein Mangel an Amygdalin Krebs auslöst.
Im Gegenteil: Der übermäßige Verzehr bitterer Aprikosenkerne beziehungsweise die Einnahme von Amygdalin/Laetrile kann erste gesundheitliche Schäden mit sich bringen – das gilt als erwiesen.
Speziell aufbereitetes Amygdalin fand unter der Bezeichnung Laetrile in den 1970er- und 1980er-Jahren insbesondere in den USA Anwendung, um Krebs zu behandeln. Im Verlauf zeigte sich jedoch, dass Laetrile nicht wirksam war und teils erhebliche Risiken mit sich brachte. Daher sind Arzneimittel mit dem Wirkstoff Amygdalin/Laetrile in den USA – und auch in Deutschland – nicht zugelassen.
Bei der Verdauung von Amygdalin entsteht ein giftiger Stoff: Blausäure. In geringen Mengen kann der Körper diesen selbst abbauen. Wer aber zu viele bittere Aprikosenkerne (oder Bittermandelkerne) oder Produkte mit Amygdalin konsumiert, riskiert eine Vergiftung.
Für eine Blausäurevergiftung reichen schon geringe Mengen aus: Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) empfiehlt Erwachsenen, maximal zwei große bittere Aprikosenkerne pro Tag zu verzehren. Die darin enthaltene Amygdalindosis kann der Körper in der Regel abbauen, ohne dass Vergiftungserscheinungen zu erwarten sind. Eine größere Menge an bitteren Aprikosenkernen kann hingegen zu einer Blausäurevergiftung führen. Schwangere, Stillende und Kinder sollten gar keine bitteren Aprikosenkerne oder Produkte mit Amygdalin zu sich nehmen.
Mögliche Anzeichen einer Blausäurevergiftung sind unter anderem Übelkeit, Erbrechen, Schwindel, Kopfschmerzen, Krämpfen und Atemnot. Bei hohen Dosen kann die Vergiftung tödlich sein.
Aprikosenkerne werden in der Lebensmittelindustrie zur Herstellung von Persipan verwendet. Durch den Genuss von Persipan sind jedoch keine Vergiftungserscheinungen zu erwarten, da die verwendeten Kerne bestimmte Höchstgrenzen an Amygdalin nicht überschreiten dürfen.
Ein Lebensmittel darf in der Europäischen Union nicht zu viel Amygdalin enthalten. Als Snack oder gemahlen in Kapselform dürfen Aprikosenkerne eine bestimmte Höchstmenge an Amygdalin nicht überschreiten. Zudem sollten größere Packungen mit einem Warnhinweis versehen sein.
In vielen Fällen liegen die im Internet angebotenen Produkte jedoch teils deutlich über der erlaubten Höchstgrenze. Manche Händler versuchen etwa, die Vorgaben zu umgehen, indem sie bittere Aprikosenkerne als Saatgut statt als Lebensmittel auszeichnen. Reines Amygdalin darf in der Europäischen Union nicht zum Verkauf angeboten werden.
Auch wenn bittere Aprikosenkerne immer wieder als hilfreich gegen Krebs angepriesen werden: Der Nutzen ist nicht erwiesen. Vielmehr besteht die Gefahr einer Blausäurevergiftung. Verbraucher sollten daher darauf achten, nicht zu viele bittere Aprikosenkerne beziehungsweise zu viel Amygdalin zu sich zu nehmen – oder lieber komplett auf entsprechende Produkte verzichten. Übrigens: Bei süßen Aprikosenkernen besteht keine Vergiftungsgefahr, da sie nur sehr wenig Amygdalin enthalten.