Das Ampelaus sorgt für ein politisches Beben in Deutschland. Droht dieses auch das Land Berlin zu erfassen? Wohl kaum. Für Kai Wegner kommt es wie gerufen.
Die Ampelregierung ist Geschichte. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) entließ unter der Woche Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP). Das gesamte Land fragt sich nun: Wann stellt der Bundeskanzler die Vertrauensfrage? Am 15. Januar? Oder doch schon früher, weil der Druck zu groß wird?
Es ist ein politisches Beben, das es in Deutschland lange nicht mehr gegeben hat. Die Risse, die dieses Beben hinterlässt, sind schwer zu kitten. Bundespolitisch. Möglicherweise aber auch auf Landesebene. Auch in Berlin?
Wohl kaum. Denn die Große Koalition aus CDU und SPD ist dann doch deutlich kompromissfähiger als die Ampel, in der es immer wieder zu unvereinbaren Dissensen kam. War ersteres so vorauszusehen? Sagen wir es so: Vor knapp eineinhalb Jahren schrieb ich an gleicher Stelle, dass diese Regierung in Berlin zum frühzeitigen Scheitern verurteilt sei. Mea culpa.
Die Wahrscheinlichkeit, dass die Große Koalition diese Legislaturperiode in dieser Konstellation überleben wird, ist hoch. Warum? Weil es viel zu viele andere politische Schauplätze in Deutschland gibt. Kaum jemand interessiert sich gerade dafür, dass auch die Hauptstadt auf der Stelle tritt. Das Ampelaus ist also ein echter Glücksfall für Kai Wegner.
Und dennoch muss man sich weiterhin nicht allzu weit aus dem Fenster lehnen, um festzustellen, dass mit einer anderen Regierungskonstellation deutlich mehr bewegt werden könnte. Mit SPD und Grünen zum Beispiel. Oder mit CDU und FDP. Zweiteres wird schwierig, solange die Freien Demokraten weiterhin klar unter fünf Prozent herumdümpeln.
In den kommenden zwei Jahren – bis zur nächsten Berlin-Wahl – wird die Große Koalition also noch schalten und walten. Oder es zumindest vorgeben. Allzu viel hat sie unter der Führung von Wegner bislang nicht erreicht. Das Behördenchaos besteht weiterhin. Eine Randbebauung des Tempelhofer Felds? In weiter Ferne.
Es gibt weiterhin viele offene Fragen: Wie will man die Asylproblematik in den Griff bekommen? Wie lässt sich der grassierende Antisemitismus in der Stadt bekämpfen? Wie lautet der Plan gegen steigende Mieten und Wohnungsnot? Und welches Konzept gibt es gegen das Verkehrschaos?
Das alles kann Wegner sicher nicht allein lösen. Es braucht auch eine kompromissbereite SPD. Ob man sich in den kommenden Monaten weiter aufeinander zubewegt? Fraglich. Bis zur Neuwahl 2025 wird das auch kaum jemanden interessieren.
Denn bis dahin hat das Land andere Probleme. Die Bürgerinnen und Bürger haben andere Probleme. Für Wegner kommt die Regierungskrise, die in die Geschichte der Bundesrepublik eingehen wird, wie gerufen. Denn unter dem Radar bewegt er sich am liebsten.