Veteranen kämpfen um Anerkennung
Lässt die Bundeswehr traumatisierte Soldaten im Stich?
15.05.2025 – 15:56 UhrLesedauer: 2 Min.
Veteranen der Bundeswehr kämpfen oft jahrelang um Anerkennung ihrer traumatischen Erfahrungen. Für die Betroffenen kann sich das dramatisch auswirken.
Der Umgang mit psychischen Krankheiten hat sich in den vergangenen Jahren gebessert. Viele Betroffene haben das Gefühl, offener reden zu können und in der Gesellschaft mehr Akzeptanz zu erfahren. Doch das ist längst nicht in allen Bereichen so. Exklusive Recherchen des NDR zeigen, dass viele deutsche Veteranen nach Einsätzen traumatisiert sind – und teils verzweifelt um Anerkennung und Entschädigung kämpfen.
Wie die Recherchen zeigen, kehren viele Bundeswehrsoldatinnen und -soldaten psychisch schwer gezeichnet aus Auslandseinsätzen zurück. Zahlreiche Beteiligte entwickeln etwa eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS). Diese psychischen Wunden werden jedoch häufig erst Jahre später erkannt – oder gar nicht.
Denn der Weg zur offiziellen Anerkennung einer PTBS als Wehrdienstbeschädigung ist oft lang und belastend. Laut NDR-Recherchen werden rund 30 Prozent der Anträge abgelehnt. Viele Betroffene berichten von gefühlter Ablehnung und systematischer Hinhaltetaktik seitens der Bundeswehr. Im Durchschnitt vergehen 22 Monate bis zum ersten Bescheid, die Verfahren können sich aber über Jahre hinziehen. Besonders kritisch sehen viele Veteranen die Rolle von Gutachtern und Vorgesetzten, denen es aus Sicht der Betroffenen oft an Empathie fehlt.
Die Bundeswehr verweist auf ein grundsätzlich fürsorgliches Versorgungssystem, das jedoch vereinzelt fehleranfällig sei. Peter Zimmermann, PTBS-Beauftragter der Bundeswehr, räumt ein, dass nur ein Bruchteil der Betroffenen durch die bestehenden Behandlungsangebote erreicht wird – geschätzt lediglich 10 bis 20 Prozent. Dabei sei eine frühzeitige Behandlung entscheidend, um zu vermeiden, dass eine Erkrankung chronisch wird.
Das zeigen Beispiele wie der Fall des Afghanistan-Veteranen Stefano B. Nach mehreren Suizidversuchen und vergeblichen Hilfegesuchen an die Bundeswehr nahm er im Januar 2024 in einem Café mehrere Geiseln. B. wollte sich vom Sondereinsatzkommando der Polizei erschießen zu lassen. Alle Geiseln und B. überlebten. Der Veteran wurde zu sechs Jahren Haft verurteilt.
Trotz aller Rückschläge gelingt es manchen Veteraninnen und Veteranen, ihre Ansprüche durchzusetzen – wenn auch oft erst nach vielen Jahren. Die späte Anerkennung bedeutet für viele nicht nur finanzielle Entlastung, sondern auch emotionale Genugtuung. Dennoch bleibt bei vielen der Eindruck zurück, vom Dienstherrn im Stich gelassen worden zu sein.
Experten wie der Wehrrechtler Arnd Steinmeyer, der inzwischen bereits hunderte an PTBS erkrankte Soldaten vertreten vor Gericht vertreten hat, fordern schnellere Verfahren und eine bessere Nachsorge durch die Bundeswehr. Eine umfassende Reform der Wehrbürokratie gilt als überfällig, um betroffenen Soldatinnen und Soldaten echte Perspektiven zu bieten.
Seit 2011 haben Bundeswehreinrichtungen laut NDR-Recherchen knapp 2.800 Fälle von einsatzbedingter PTBS erfasst. Schätzungen auf Grundlage einer Bundeswehrstudie gehen jedoch davon aus, dass tatsächlich mindestens 13.000 Soldatinnen und Soldaten nach Auslandseinsätzen an PTBS leiden.