Studie zeigt
Diese Rentenreform wirkt kaum – Koalition will sie dennoch ausweiten
19.03.2025 – 14:35 UhrLesedauer: 3 Min.
Union und SPD haben sich darauf verständigt, allen Müttern drei Rentenpunkte für Kindererziehung zu spendieren. Doch eine neue Studie zeigt: Besonders viel bringt die Mütterrente nicht.
Die Anrechnung von Kindererziehungszeiten auf die Rente führt einer aktuellen Studie zufolge nur zu einer geringfügig niedrigeren Einkommenslücke zwischen Frauen und Männern im Alter. „Nach fast 40 Jahren kann diese Rentenreform nur teilweise als Erfolg bewertet werden: Sie hilft Müttern, aber nicht ausreichend“, heißt es in der Analyse des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. „Mütter in Westdeutschland weisen nach wie vor deutlich niedrigere Rentenansprüche auf als kinderlose Frauen und als Männer.“
Demnach haben zwischen 1952 und 1959 geborene Männer im Alter von 60 Jahren in Westdeutschland einen Rentenanspruch von durchschnittlich 1.420 Euro. Bei Frauen dieser Jahrgänge lägen die Ansprüche selbst unter Berücksichtigung der Kindererziehungszeiten mit 890 Euro im Monat 37 Prozent niedriger. Ohne die Kindererziehungszeiten wäre die Lücke mit 41 Prozent nur wenig größer, hieß es.
Kindererziehungszeiten werden in Deutschland seit 1986 bei der Rente berücksichtigt. Grundsätzlich erhält der Elternteil mit der Hauptverantwortung für die Erziehung – meistens also die Mutter – für eine begrenzte Zahl an Jahren jeweils einen Rentenpunkt.
Es wird also so getan, als hätte der Elternteil während der Kindererziehungszeit exakt so viel Erwerbseinkommen erzielt wie der Durchschnitt aller sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten. Rentenpunkte beeinflussen die Höhe der späteren Rente. Je mehr Rentenpunkte Sie haben, desto höher fällt Ihre Rente aus.
Kindererziehungszeiten werden nicht automatisch anerkannt (mehr dazu hier). Als Nachweis verlangt die Rentenversicherung die Geburtsurkunde. Das Formular V0800 für den Antrag können Sie hier herunterladen. Haben Sie einen solchen Antrag bereits gestellt, brauchen Sie das nicht erneut zu tun. Ob Ihre Kindererziehungszeiten schon erfasst wurden, können Sie auch Ihrem Versicherungsverlauf entnehmen, der Ihnen erstmals zusammen mit Ihrer ersten Renteninformation zugestellt wird.
Die Anrechnung betrifft besonders Mütter, da sie historisch gesehen häufiger die Kindererziehung übernommen haben, doch auch Väter können davon profitieren, sofern sie die Erziehungszeiten wahrgenommen haben. Um die Erziehungsleistung von Eltern bei der Rentenberechnung stärker zu berücksichtigen, gab es 2014 und 2019 zwei gesetzliche Änderungen: die sogenannte Mütterrente I und Mütterrente II.
- Mütterrente I (ab 2014): Für Kinder, die vor dem 1. Januar 1992 geboren wurden, werden zwei Jahre Erziehungszeit pro Kind anerkannt. Für Kinder, die nach dem 1. Januar 1992 geboren wurden, werden drei Rentenpunkte gewährt.
- Mütterrente II (ab 2019): Für Kinder, die vor dem 1. Januar 1992 geboren wurden, wurde die Kindererziehungszeit um weitere sechs Monate angehoben, sodass insgesamt zweieinhalb Jahre pro Kind angerechnet werden.
Die neue Regierungskoalition aus Union und SPD will, dass auch Mütter, die vor 1992 Kinder geboren haben, die vollen drei Punkte bekommen. Diese Mütterrente III war ein Wunsch der CSU und wurde im Sondierungspapier festgehalten. Dort heißt es: „Wir vollenden die Mütterrente mit drei Rentenpunkten für alle – unabhängig vom Geburtsjahr der Kinder –, um gleiche Wertschätzung und Anerkennung für alle Mütter zu gewährleisten.“
Ergebnisse aus Sondierungsgesprächen sind allerdings nicht bindend. Es ist also unklar, wann und ob dieses Vorhaben überhaupt umgesetzt wird. Die Deutsche Rentenversicherung weist deshalb darauf hin, dass sie zur Mütterrente III keine Auskünfte am Servicetelefon geben kann, und bittet darum, von entsprechenden Anfragen abzusehen.
Da ein Rentenpunkt derzeit 39,32 Euro wert ist, würde ein halber Punkt mehr ein Plus von 19,66 Euro pro Monat und Kind bedeuten. Mehr dazu lesen Sie hier.
Doch aus Sicht der DIW-Studienautoren reichen auch diese Rentenpunkte nicht aus, um die Rentenlücke im Alter zu schließen. Diese besteht nicht nur zwischen Männern und Frauen, sondern auch zwischen Müttern und kinderlosen Frauen. Hauptgrund dafür sei, dass insbesondere in Westdeutschland Mütter auch viele Jahre nach der Geburt überproportional oft in Teilzeit arbeiteten und damit erheblich weniger Rentenansprüche sammeln können.
Weil Mütter in Ostdeutschland meist schnell wieder in Vollzeitbeschäftigungen einstiegen, sind die Rentenlücken in diesen Bundesländern deutlich kleiner. „Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass Kindererziehungszeiten ihren Zweck nur dann erfüllen können, wenn Frauen die Möglichkeit haben, zeitnah nach der Geburt eines Kindes in eine Vollzeit- oder vollzeitnahe Beschäftigung zurückzukehren“, schreiben die DIW-Autoren.
Konkret hieße das, die Plätze in Kitas und in der Ganztagsbetreuung an Grundschulen auszubauen sowie die Pflegeinfrastruktur zu verbessern. Auch sollten steuerliche Fehlanreize wie das sogenannte Ehegattensplitting reformiert werden.