So nährt die öffentliche Kritik am SPD-Vorschlag Frauke Brosius-Gersdorf einen Verdacht: Die Union will nach dem Scheitern ihres konservativen Kandidaten auch eine Kandidatin von links aufhalten. Parität der anderen Art.
Die 16 Richterinnen und Richter des Bundesverfassungsgerichts werden jeweils zur Hälfte vom Bundestag und vom Bundesrat gewählt, für die Wahl ist jeweils eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. Der Bundestag will am 9. Juli entscheiden.
Das Vorschlagsrecht für die Kandidaten richtet sich nach Fraktionsstärke. Union und SPD konnten pro Senat je drei Richterinnen und Richter vorschlagen, Grüne und FDP jeweils einen. AfD und Linke gehen bislang leer aus.
Allzu viele Abweichler kann sich die Union nicht erlauben. Schon wird im Bundestag auf die Linkspartei geschielt. Die pocht auf eine stärkere Einbindung. „Wir erwarten, dass die demokratischen Fraktionen miteinander sprechen, statt Fakten zu schaffen und andere vor vollendete Tatsachen zu stellen“, sagte ihre rechtspolitische Expertin Clara Bünger.
Die Linke hat ihre Unterstützung der Wahl an Bedingungen geknüpft. „Für uns kommt eine gemeinsame Wahl nur dann in Frage, wenn vorher Gespräche stattgefunden haben – sowohl über die Vorschläge als auch über das weitere Verfahren“, sagte Fraktionschefin Heidi Reichinnek. „Dass die Union das nicht einsehen will, offenbart ein mehr als fragwürdiges Demokratieverständnis.“
Den Unionswiderstand gegen die SPD-Nominierte nannte Reichinnek eine „unwürdige Schlammschlacht“. „Einzelne Abgeordnete lassen sich anonym zitieren, greifen die vorgeschlagenen Personen an und sagen ganz klar, dass sie sie nicht wählen werden“, monierte Reichinnek. Wie die Kandidatinnen öffentlich von der Union demontiert würden, sei des Parlaments und des Verfassungsgerichts unwürdig.
Der Richterwahlausschuss tagt nach Reichinneks Worten am Montagabend, die Abstimmung im Plenum ist ebenfalls für kommende Woche vorgesehen. Vordringlich geregelt werden soll die Nachfolge des Verfassungsrichters Josef Christ, der die Altersgrenze erreicht hat und nur noch geschäftsführend im Amt ist. Für seine Position ist Spinner im Gespräch.