Ein 40-jähriger Deutscher fährt in Mannheim mit dem Auto in eine Menschengruppe. Im Netz tauchen anschließend Fotos von Personalausweis und Führerschein eines Unbeteiligten auf.
Ein 33-Jähriger aus Heidelberg stand am Montag fälschlich am Pranger, bei der tödlichen Fahrt durch die Mannheimer Innenstadt am Steuer gesessen zu haben. Eine 83-jährige Frau und ein 54-jähriger Mann wurden dort tödlich verletzt, als ein Autofahrer mit hohem Tempo Menschen anfuhr. Elf weitere Personen wurden zum Teil schwer verletzt. In Postings in den sozialen Netzwerken wurde daraufhin ein Mann als der Fahrer dargestellt, obwohl er nichts mit der Tat zu tun hatte.
Die falsche Information zum angeblichen Fahrer wurde auch noch verbreitet, nachdem die Polizei mehr zur tatsächlichen Identität Fahrers preisgegeben hatte: Es handelte sich um einen 40-jährigen Deutschen aus Ludwigshafen.
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Bereits kurz nach der Tat war im Netz eine angebliche interne Mitteilung des Polizeipräsidiums Mannheim von 12:38 Uhr aufgetaucht zum „Amoklauf“ eines Mannes mit Bart und „dunklem Hauttyp“. Wenig später kursierte dann auch ein Foto, das den Personalausweis und den Führerschein des angeblich Gesuchten zeigte. Sowohl das Passfoto wie auch die Daten auf der Vorderseite waren dabei zunächst nicht unkenntlich gemacht. Die Personalien sind die eines Mannes mit einem im Libanon verbreiteten Nachnamen. Den Papieren zufolge ist er Deutscher und auch in Heidelberg geboren. Und er hat nichts mit der Tat zu tun.
Die Pressestelle der Polizei konnte zunächst nicht sagen, ob es einen Kontakt zu dem Mann gab, der als angeblicher Täter im Netz präsentiert wurde. Ein Sprecher sagte t-online, die Polizei habe schnell Kenntnis gehabt von dem Foto. Er konnte jedoch zunächst nicht sagen, aus welcher Quelle das Bild stammte und ob vielleicht zunächst auch nach dieser Person gesucht worden sei.
Wenn ein Schutz der betroffenen Person für notwendig gehalten werde, weil Name und Foto verbreitet würden, erfolgten Maßnahmen dafür aber in der Regel schnell. In dem Fall wäre das sogar noch einfacher gewesen: Heidelberg, wo der fälschlich beschuldigte Mann wohnt, gehört zur Zuständigkeit des Polizeipräsidiums Mannheim.
Auf X hatte das Foto offenbar zuerst ein Account verbreitet, der erst am Montag angelegt und später wieder gelöscht wurde. Als der Account wieder verschwunden war, zog das Foto aber bereits Kreise und diente AfD-nahen Accounts als ein weiterer Beleg für die Gefahren von Migration. Der reichweitenstarke YouTuber Oliver Haas alias „Oli redet“ behauptete dann sogar, der Name auf dem Ausweis sei ihm „von der Polizei zugespielt“ worden.
Das Foto wurde am Montag auch weiterhin geteilt mit, der Behauptung, die Presse lüge oder verschweige wichtige Details, wenn sie von einem „deutschen Tatverdächtigen“ schreibe. Damit wurde einem zu Unrecht Verdächtigten, der in Deutschland geboren ist und einen deutschen Personalausweis hat, allein wegen seines Namens abgesprochen, Deutscher zu sein. Auch international zog die Behauptung Kreise, ein Faktenchecker von BBC stellte am Abend auch die Falschbehauptung klar.