Mechanik allein reicht nicht mehr
Hauptuntersuchung soll modernisiert werden
09.12.2025 – 15:59 UhrLesedauer: 2 Min.
Neue Technologien machen das Autofahren komfortabel. Doch die Systeme zu überprüfen, bringt Werkstätten und Kfz-Sachverständige an ihre Grenzen.
Spurhalteassistent, Totwinkelwarner oder teilautonome Fahrfunktionen: Die Technik in modernen Autos wird immer komplexer, manche sprechen schon von fahrenden Computern. Doch der technologische Fortschritt hat eine Schattenseite: Technische Probleme sind bei den hochdigitalisierten Fahrzeugen schwerer zu erkennen, selbst für Fachwerkstätten und Kfz-Sachverständige. Die Behörden wollen deshalb die Hauptuntersuchung (HU) an die Eigenheiten moderner Pkw anpassen. Änderungen werden laut Bundesverkehrsministerium auf nationaler und auf EU-Ebene ausgearbeitet.
Die HU ist in Deutschland seit 1951 amtlich vorgeschrieben und hat sich auch als Gütesiegel für Gebrauchtwagen („HU Neu“) bewährt. Die Prüfer mussten sich jahrzehntelang um weitgehend mechanische Bauteile kümmern – etwa Bremsen, Fahrwerk oder das Getriebe. Das ließ und lässt sich optisch begutachten, erfühlen und ertasten, wenn ein Auto auf der Hebebühne steht.
Bei modernen Autos reicht die mechanische Prüfung nicht mehr aus. Das Herzstück ist inzwischen weniger der Motor als die Elektronik. Ein gut ausgestatteter Mittelklassewagen kann an die hundert Steuergeräte haben, die alles Mögliche regeln – von Beleuchtung über Kraftstoffeinspritzung und Abgasemissionen bis zur Klimatisierung. Dazu kommt eine Phalanx an Sicherheits- und Fahrassistenzsystemen.
Das Problem: Bei der HU haben Prüfer im Durchschnitt nur 20 Minuten Zeit, ein Auto durchzuchecken. Das reicht bei den hochkomplexen Neufahrzeugen kaum aus, zumal der technologische Status quo sich permanent ändert. Softwareupdates werden zunehmend übers Internet („Over the Air“) aufgespielt.
Bei der Hauptuntersuchung müssen die Sachverständigen auf all das vorbereitet sein. Doch über Hilfsmittel wie den HU-Adapter – ein Diagnosegerät, das ans Fahrzeug angeschlossen wird – lassen sich etwa Fahr- und Assistenzsysteme derzeit nicht verlässlich auf mögliche Sicherheitsrisiken überprüfen, warnen Fachleute.
Die EU-Kommission will daher die Hauptuntersuchung reformieren. Kfz-Sachverständigen soll der digitale Zugang zu den Fahrzeugdaten erleichtert werden. Konsultationen auf EU-Ebene endeten dazu in der ersten Dezemberwoche. Die Umsetzung könnte kurzfristig im ersten Halbjahr 2026 erfolgen, sagt Richard Goebelt vom TÜV-Verband, der sich in Brüssel für eine Reform der HU einsetzt.
Prüfvorgaben zu entwickeln, damit auch die vernetzten und automatisierten Fahrzeuge angemessen untersucht werden: In Deutschland hat diesen gesetzlichen Auftrag als unabhängige Stelle die FSD Fahrzeugsystemdaten GmbH in Dresden. Weil das nicht einfach ist, hat die FSD gemeinsam mit den zehn Prüforganisationen (darunter TÜV, Dekra und GTÜ) die Charta 2030 entwickelt.
Unter dem Motto „Die Hauptuntersuchung der Zukunft“ arbeiten Experten an Lösungen, wie mit der „rasant fortschreitenden“ Automatisierung und Elektrifizierung umzugehen sei. Auch hier lautet die Kernforderung: Die Hersteller müssen einen transparenten Zugang zu den digitalen Fahrzeugdaten gewähren, gesetzlich garantiert.
Dies soll dann auch die Wartung und Reparatur von modernen Pkw erleichtern. Autohersteller dürfen unabhängigen Kfz-Werkstätten den Zugang zu Reparaturinformationen nicht erschweren: Dies hatte bereits 2023 der Europäische Gerichtshof festgelegt. Vorangegangen war eine Klage der Werkstattketten A.T.U. und Carglass gegen den Stellantis-Konzern. Sie sahen sich beim Zugang zu den Fahrzeugdaten behindert, etwa durch eingebaute technische Hürden und die Einführung von Lizenzgebühren.










