Rewe, Edeka und Co.
Die unsichtbaren Gefahren hinter den Treueprogrammen
Aktualisiert am 07.01.2025 – 11:57 UhrLesedauer: 3 Min.
Bonusprogramme im Einzelhandel sind auf den ersten Blick attraktiv, bergen jedoch auch Risiken. Händler analysieren Kundendaten, um das Kaufverhalten gezielt zu manipulieren. Ein Grund zur Sorge?
Ob beim Einkaufen im Supermarkt, in der Drogerie oder im Baumarkt – die Deutschen lieben Bonusprogramme. Mit der Aussicht auf Rabatte, Gutscheine und exklusive Angebote lassen sich viele von uns schnell für sie begeistern. Tatsächlich nutzen laut einer Umfrage des Handelsforschungsinstituts IFH mehr als 80 Prozent der Konsumenten Programme wie Payback oder händlereigene Apps.
Und warum auch nicht? Gerade in Zeiten steigender Preise erscheint jede Möglichkeit zu sparen verlockend. Doch während Sie fleißig Punkte sammeln, fragen Sie sich vielleicht: Welche Risiken stecken hinter diesen verlockenden Angeboten? Die Antwort darauf könnte Sie überraschen.
Daten als Handelsware
Bonusprogramme sind keine Altruismus-Aktionen der Händler, sondern clevere Marketinginstrumente. Jedes Mal, wenn Sie sich bei einem Programm anmelden oder die App eines Supermarkts nutzen, geben Sie wertvolle Daten preis: Welche Produkte kaufen Sie? Wann und wie oft gehen Sie einkaufen? Wie viel Geld geben Sie aus?
Diese Informationen erlauben es den Händlern, Ihr Kaufverhalten genau zu analysieren. Mit diesem Wissen können sie gezielte Werbemaßnahmen entwickeln – und Sie zu weiteren Einkäufen animieren. Nur wer bereit sei, seine Daten zu geben, könne von Sonderangeboten profitieren, sagt Carsten Kortum, Professor der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Heilbronn.
Was bedeutet das für Sie? Vielleicht merken Sie gar nicht, wie Ihre Vorlieben manipuliert werden. Plötzlich erscheinen in Ihrer App Angebote, die genau Ihrem Geschmack entsprechen. Das klingt harmlos, kann jedoch dazu führen, dass Sie mehr kaufen, als Sie eigentlich brauchen.
Manche Kunden schrecken vor Bonusprogrammen zurück, weil sie nicht wissen, was mit ihren Daten geschieht. Und das zu Recht: Verbraucherschützer warnen vor intransparenten Datenschutzbestimmungen. Daten können an Dritte weitergegeben oder sogar für Zwecke genutzt werden, die Sie gar nicht überblicken. Ein unachtsamer Klick und schon haben Sie der Nutzung Ihrer Daten zugestimmt – oft, ohne es zu merken.
Ein Beispiel: Wer Produkte für seine Gesundheit kauft, könnte durch gezielte Werbung auf sensible Aspekte seines Lebens hingewiesen werden. Solche Informationen könnten theoretisch auch von Versicherungen oder anderen Unternehmen genutzt werden.
Bonusprogramme können uns nicht nur zum Kauf animieren, sondern auch unsere Einkaufsgewohnheiten verändern. Sonderangebote sind oft exklusiv für App-Nutzer verfügbar. Kunden, die keine App nutzen, zahlen manchmal sogar mehr – ein fühlbarer Nachteil für diejenigen, die nicht bereit sind, mit ihren persönlichen Daten zu bezahlen.
Zudem locken die Programme mit wechselnden Rabatten, die uns dazu verleiten, von einem Laden zum nächsten zu ziehen („Shop-Hopping“). Zusätzliche Coupons oder Boni auf bestimmte Produkte wirken wie eine kleine Belohnung und könnten dazu führen, dass man den Einkaufsort wechselt, anstatt sich auf einen Laden zu konzentrieren. Was zunächst wie eine clevere Strategie zum Sparen wirkt, kostet am Ende oft mehr Zeit und Nerven als erwartet. Und auch hier lauert die Gefahr, mehr zu kaufen als geplant.
Auch wenn es sich gut anfühlt, Punkte zu sammeln, sind die tatsächlichen Einsparungen meist gering. Sven Reuter, Geschäftsführer des Preisvergleichsportals Smhaggle, hält den Nutzen der Bonusprogramme für überschaubar. Er schätzt, dass die durchschnittliche Ersparnis durch Bonusprogramme nur etwa ein Prozent des Einkaufswertes ausmacht. Hinzu komme, dass viele Kunden gar nicht wüssten, wie viele Punkte sie bereits gesammelt hätten oder wann diese verfielen. So gingen mühsam gesammelte Vorteile schnell verloren.
Bei den Händler-Bonusprogrammen dürfte in Zukunft auch Künstliche Intelligenz eine immer größere Rolle spielen. Handelsexperte Carsten Kortum erwartet, dass Händler ihre Kunden schon bald noch wesentlich gezielter bespielen können.
Laut einer Bitkom-Umfrage würde jeder Zweite gern eine KI nutzen, um Schnäppchen zu finden. 22 Prozent fänden es gut, wenn benötigte Drogerieartikel oder Lebensmittel automatisch nachbestellt würden. Trotzdem bleibt Vorsicht geboten. Bonusprogramme sind nicht per se schlecht, aber sie verlangen Aufmerksamkeit. Hier sind einige Tipps, wie Sie die Vorteile nutzen und gleichzeitig die Risiken minimieren:
- Datenschutz beachten: Lesen Sie die Datenschutzbestimmungen sorgfältig. Ändern Sie die Einstellungen in der App, um die Weitergabe Ihrer Daten einzuschränken.
- Nur sinnvolle Programme nutzen: Wählen Sie maximal ein oder zwei Programme, die zu Ihrem Einkaufsverhalten passen, und behalten Sie den Überblick über Ihre Punkte.
- Nicht blenden lassen: Hinterfragen Sie, ob Sie ein Angebot wirklich brauchen oder ob es nur auf den ersten Blick verlockend erscheint.
- Alternativen nutzen: Statt auf Apps und Punkteprogramme zu setzen, sparen Sie oft mehr, wenn Sie gezielt Sonderangebote und Prospekte vergleichen.