Spannung vor der Hauptversammlung von Vonovia am Mittwoch. Dann entscheiden die Aktionäre auch über die Vergütung des Vorstandes. Warum diese bei einigen Aktionären in der Kritik steht.
Management-Gehälter sind in Deutschland Teil einer großen gesellschaftlichen Debatte. Da ist viel Neid und Missgunst im Spiel, während zum Beispiel in den USA eher höhere Vergütungen fließen und es da wenig Diskussionen darüber gibt. Ich finde: Wer viel leistet, soll viel verdienen. Aber wie viel ist viel? Diese Frage stellen sich am Mittwoch auch die Aktionäre von Vonovia, Deutschlands größtem Wohnimmobilienunternehmen. Wie es aussieht, könnte ein Teil der Aktionäre die angedachte Vorstandsvergütung ablehnen.
Eine solche Entscheidung könnte auch von Stimmrechtsberatern beeinflusst sein. Diese Firmen beraten große institutionelle Anleger wie Fondsgesellschaften, Banken oder Versicherer, die an vielen Unternehmen beteiligt sind und nicht bei allen den Überblick haben können. Die Beratungsfirmen übernehmen deshalb bei Hauptversammlungen die Kommunikation. Eine davon ist das US-Unternehmen Glass Lewis. Es will den Aktionären empfehlen, den Vergütungsbericht des Vorstandes von Vonovia abzulehnen. Begründung: Angesichts der Lage des Konzerns bekomme der Vorstand zu viel Geld.
Ein Déjà-vu für den Dax-Konzern: Schon im vergangenen Jahr war die Vergütung auf der Hauptversammlung durchgefallen. Damals hatten Aktionärsvertreter und Stimmrechtsberater kritisiert: Vonovia hatte 2023 einen Verlust von fast sieben Milliarden Euro – vor allem wegen Abschreibungen auf die Immobilien des Konzerns – gemacht. Trotzdem hatte der Vorstand gut 16 Millionen Euro Gesamtvergütung erhalten. Für einige Aktionäre ein Widerspruch zur Lage des Unternehmens. Kritisiert wurde auch, dass die konkreten Ziele für die variablen Vergütungen nicht transparent genug seien.
Vonovia hat auch für 2024 einen Verlust ausgewiesen, diesmal „nur“ knapp eine Milliarde Euro. Im Vorjahr waren es – wir haben es bereits erwähnt – fast sieben Milliarden. Mit den steigenden Zinsen in den vergangenen Jahren musste das Unternehmen seine Immobilienbestände erneut abwerten. In diesem Jahr will Vonovia allerdings zurück in die Gewinnzone. Trotzdem sind dann solche Erfolgszahlungen nicht gerechtfertigt, sagen auch jetzt unter anderem die Berater Glass Lewis. Und fordern Zurückhaltung.
Eine andere Stimmrechtsberatung, ISS, ist dagegen gelassen und empfiehlt den Vonovia-Anteilseignern, der Vergütung zuzustimmen. Insgesamt knapp vier Millionen Euro für den CEO Rolf Buch laut Vergütungsbericht für 2024 – davon 1,3 Millionen Euro Grundvergütung – sind eine Menge Geld. Der größere Teil ist variabel und damit erfolgsabhängig. Allerdings: Fünf Dax-Vorstände erhalten mehr als zehn Millionen Euro für 2024. Und Kenner sagen: Rolf Buch hat Vonovia vorangebracht; und an die Börse und 2015 in den Dax; hat Vonovia mit der Deutschen Wohnen verschmolzen und den Marktführer mit mehr als einer halben Million Wohnungen geschaffen.
Ich schaue zugleich auf den Aktienkurs als Spiegel, der den Unternehmen von Investoren weltweit vorgehalten wird. In diesem Jahr steht die Aktie bei plus / minus null, während der Dax rund 20 Prozent zugelegt hat. In den vergangenen fünf Jahren haben Vonovia-Aktien rund 40 Prozent an Wert verloren. Zum Vergleich: Der Dax hat seitdem mehr als 100 Prozent gemacht. Ein kleines Trostpflaster, ein sehr kleines: die Dividende. Sie soll von 90 Cent um etwa ein Drittel auf 1,22 Euro steigen. Aber auch das ist umstritten: Gehört sich diese Dividendenerhöhung?
Es ist immerhin eine Erhöhung um 32 Cent pro Aktie im Vergleich zum Vorjahr. Angesichts der finanziellen Lage des Unternehmens ein großer Brocken. Fakt ist: Eine Dividende ist der Lohn für gutes Arbeiten und muss verdient werden. Spannend, ob die Aktionäre diesen Lohn trotz des Jahresverlustes genehmigen werden. Die Entwicklungen bei Vonovia, aber auch bei anderen Unternehmen, zeigen, dass Aktionäre und Aktionärsschützer mehr Transparenz und nachhaltige Unternehmensführung fordern.
Die kommenden Monate werden zeigen, wie das Unternehmen auf diese Herausforderungen reagiert. Und ob die Trendwende für die Wohnbau-Branche gelingt. Das Investitionsprogramm der neuen Bundesregierung kann da – richtig genutzt, mit klugen Investitionen statt Geldgeschenken – eine Steilvorlage sein. Der designierte CEO von Vonovia Luka Mucic, derzeit noch Finanzchef bei Vodafone, muss diese Möglichkeiten nutzen. Er soll spätestens 2026 übernehmen. Nicht alle glauben daran: Großaktionärin UBS senkte kürzlich ihren Anteil an Vonovia. Großaktionär BlackRock dagegen erhöhte ihn. Nur einer wird Recht behalten. Ewig viel Geduld werden die Kapitalmärkte nicht haben.