Parteien
Verfassungsschutz: AfD ist gesichert rechtsextremistisch
Aktualisiert am 02.05.2025 – 18:08 UhrLesedauer: 4 Min.
Seit ihrer Gründung ist die AfD nach Einschätzung des Verfassungsschutzes immer weiter nach rechts gerückt. Nun sei klar: Die Partei ist extremistisch. Die Rufe nach einem Verbot werden lauter.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hat die AfD nach mehrjähriger Prüfung als gesichert rechtsextremistisch eingestuft. Der Verdacht, dass die Partei Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung verfolge, habe sich bestätigt und in wesentlichen Teilen zur Gewissheit verdichtet, teilte der Inlandsgeheimdienst mit.
Die Diskussion über ein AfD-Verbotsverfahren nahm damit wieder Fahrt auf. Der scheidende Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) warnte aber vor einem „Schnellschuss“.
Die geschäftsführende Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) betonte, der Inlandsnachrichtendienst habe die Entscheidung zur neuen Einstufung der AfD eigenständig getroffen. „Es hat keinerlei politischen Einfluss auf das neue Gutachten gegeben“, versicherte Faeser.
Die beiden AfD-Vorsitzenden, Tino Chrupalla und Alice Weidel, schrieben in einer Mitteilung, die AfD als Oppositionspartei werde nun „kurz vor dem Regierungswechsel öffentlich diskreditiert und kriminalisiert“. Das sei erkennbar politisch motiviert. Die Partei werde sich weiter juristisch wehren. Kurz darauf schickte die Kanzlei, die die AfD vertritt, eine Abmahnung an das Bundesamt. Darin heißt es, man halte sowohl die Einstufung als auch die Bekanntgabe dieses Umstands für offensichtlich rechtswidrig. Zuständig für Klagen gegen den Verfassungsschutz ist in erster Instanz das Verwaltungsgericht in Köln, wo das Bundesamt seinen Sitz hat.
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident, Daniel Günther (CDU), verlangte im Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“: „Der Bund muss jetzt zügig ein Verbotsverfahren einleiten, um unsere Demokratie zu schützen.“ Auch die CDU-Arbeitnehmerschaft sprach sich dafür aus. „Das Urteil des Verfassungsschutzes liefert die notwendige Grundlage für ein Verbotsverfahren“, hieß es in einer Stellungnahme des geschäftsführenden Vorstands der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft Deutschlands (CDA), über die zuerst der „Stern“ berichtet hatte. Allein mit besserer Politik werde es extrem schwer, dagegenzuhalten.
Die Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Heidi Reichinnek, sagte: „Das Verbotsverfahren gegen die AfD muss endlich auf den Weg gebracht werden.“ Man dürfe nicht akzeptieren, dass eine rechtsextremistische Partei die Demokratie „von innen bekämpft und zerstört“.
Etwas vorsichtiger formulierten Konstantin von Notz und Irene Mihalic von den Grünen. Sie erklärten, die Neubewertung sei „ein wichtiger Baustein mit Blick auf die Frage, wie es um die Erfolgsaussichten eines möglichen AfD-Verbotsverfahrens bestellt ist“.
Ein Verbot dürfen Bundesregierung, Bundestag oder Bundesrat beantragen. Entschieden wird über den Antrag vom Bundesverfassungsgericht.
Kritik an der Entscheidung des Inlandsgeheimdiensts übte Sahra Wagenknecht. „Die Neubewertung der AfD durch den Verfassungsschutz ist in der Sache fraglich und politisch kontraproduktiv“, sagte die BSW-Gründerin der „Welt“.
Der Verfassungsschutz teilte zur Begründung seiner Neubewertung mit: „Das in der Partei vorherrschende ethnisch-abstammungsmäßige Volksverständnis ist nicht mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung vereinbar.“ Es ziele darauf ab, bestimmte Bevölkerungsgruppen von einer gleichberechtigten gesellschaftlichen Teilhabe auszuschließen. „Konkret betrachtet die AfD zum Beispiel deutsche Staatsangehörige mit Migrationsgeschichte aus muslimisch geprägten Ländern als nicht gleichwertige Angehörige des durch die Partei ethnisch definierten deutschen Volkes.“
Äußerungen und Positionen der Partei und führender AfD-Vertreter verstießen gegen das Prinzip der Menschenwürde, erklärten die Vizepräsidenten der Behörde, Sinan Selen und Silke Willems. Dies sei maßgeblich für die nun getroffene Einschätzung. Faeser sagte, die vorherige Bewertung der Partei als rechtsextremistischer Verdachtsfall sei von Gerichten bestätigt worden. Auch die neue Bewertung werde sicher von unabhängigen Gerichten überprüft werden.
AfD-Abgeordnete sollten aus Sicht von Bundestagsvizepräsidentin Andrea Lindholz (CSU) keine repräsentativen Funktionen im Parlament bekleiden. „Als gesichert rechtsextremistische Gruppierung ist die AfD keine Partei wie jede andere“, sagte Lindholz der Deutschen Presse-Agentur. Deshalb solle sie auch nicht so behandelt werden – vor allem nicht im Parlament. „Eine Wahl von AfD-Vertretern in repräsentative Funktionen wie das Bundestagspräsidium oder Ausschussvorsitze halte ich nun für kaum mehr denkbar.“
Sie fügte hinzu: „Jeder AfD-Abgeordnete muss sich vielmehr nun entscheiden, ob er zu unserer Grundordnung steht und aus der Partei austritt oder ob er prominenter Teil einer extremistischen Bestrebung sein will.“
Der designierte Unionsfraktionsvorsitzende, Jens Spahn (CDU), hatte sich dafür ausgesprochen, mit der AfD im Parlamentsbetrieb so umzugehen wie mit anderen Oppositionsparteien auch. Dies löste eine Kontroverse aus. Die AfD stellt im neuen Bundestag nach der CDU/CSU die zweitstärkste Fraktion.