Neue Enthüllungen
Todes-Tauchboot „Titan“ navigierte mit handgezeichneter Karte
24.09.2024 – 17:41 UhrLesedauer: 3 Min.
Fünf Menschen starben, als das Tauchboot „Titan“ im vergangenen Jahr implodierte. Bei einer Anhörung kamen haarsträubende Details ans Licht.
Sicherheit und offizielle Zertifikationsprozesse sollen für den Oceangate-Chef Stockton Rush bloß „Zeitverschwendung“ und „Innovationshemmnisse“ gewesen sein. Das ist das Bild, das Zeugen in der vergangenen Woche bei Anhörungen in den USA zum Untergang des Tauchboots „Titan“ im Jahr 2023 gezeichnet haben.
Risiko scheint ein grundlegendes Prinzip an Bord des Bootes gewesen zu sein, in dem reiche Menschen Tauchausflüge zur gesunkenen „Titanic“ unternehmen konnten. Oder wie es Oceangate-Missionsspezialist Fred Hagen bei seiner Aussage formulierte: Das Tauchen „sollte nie sicher sein“. Im Gegenteil: „Es war ein Versuchsschiff, es war klar, dass es gefährlich war. Man tut es nicht, weil es sicher ist, man tut es, weil es einen Adrenalinstoß gibt.“
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Quelle: Glomex
Antonella Willby, die für das Kommunikations- und Navigationsteam der „Titan“ zuständig war, bis sie das Unternehmen verließ, beschrieb den Geist in der Firma anhand einer Begebenheit im Jahr 2022. Damals hätten die Passagiere beim Auftauchen an Bord einen „Knall wie bei einer Explosion“ gehört. Der Unternehmensleitung sei das egal gewesen. „Tiefseefahrzeuge machen eine Menge Krach“, habe ihr Chef Stockton Rush gesagt und damit eine Untersuchung abgebügelt. Bei Oceangate würden „Cowboys und Innovatoren“ arbeiten.
Ihr selbst habe man erklärt, sie habe wohl nicht die „Mentalität einer Entdeckerin“, sagte Willby bei der Anhörung. Sie habe sich dann entschieden, Oceangate den Rücken zu kehren. Über das Navigationssystem der „Titan“, die per Videospiel-Controller gesteuert wurde, sagte sie, es habe hauptsächlich aus einer handgezeichneten Karte und einer Excel-Tabelle bestanden.
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Quelle: Glomex
Das Ortungssystem des Tauchboots nutzte demnach akustische Signale, sogenannte Pings, zur Koordinatenbestimmung. Jedoch habe es große Abweichungen von modernen Standards gegeben: Normalerweise werden die Pings automatisch in eine Software geladen, die dann die Position des Bootes anzeigt. Bei der „Titan“ seien die Pings hingegen zuerst an das Begleitboot übermittelt worden. Dort hätten Besatzungsmitglieder die Koordinaten manuell in ein Notizbuch und danach in eine Excel-Tabelle übertragen. Anschließend seien die Daten in eine Kartierungssoftware importiert worden, die die Position der „Titan“ auf einer handgezeichneten Karte der Umgebung des „Titanic“-Wracks anzeigte.
Oceangate-Gründer Stockton Rush war selbst an Bord des Tauchbootes, als es sank. Neben dem 61-Jährigen starben der britische Abenteurer Hamish Harding, der britisch-pakistanische Unternehmensberater Shahzada Dawood, dessen 19-jähriger Sohn Suleman sowie der französische Wissenschaftlers Paul-Henri Nargeolet.
Nargeolet war als „Monsieur Titanic“ bekannt und galt als einer der führenden Experten für das Wrack des Luxusliners. Seine Familie verlangt 50 Millionen Dollar Schadensersatz. Im Namen der Angehörigen reichten Anwälte bei einem Gericht in Seattle im US-Bundesstaat Washington Klage ein. Der Betreiber habe grob fahrlässig gehandelt. Mängel und Unzulänglichkeiten des Tauchbootes seien nicht offengelegt beziehungsweise absichtlich verschwiegen worden.
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US-Medien zufolge heißt es in der Klage gegen den US-Betreiber Oceangate zudem, dass die Besatzung irgendwann erkannt habe, dass alle Insassen sterben würden und dass diese daher „Angst und seelische Qualen“ erlebt haben müssten. „Der gesunde Menschenverstand sagt, dass die Besatzungsmitglieder, bevor sie starben, sehr wohl wussten, dass sie sterben würden.“
Experten seien sich einig, dass ein akustisches Signal die Crew davor gewarnt habe, dass die Hülle des rund sieben Meter langen Tauchbootes unter dem extremen Druck zu brechen drohte. Der Pilot habe daher versucht, Gewicht abzulassen und den Tauchgang abzubrechen.