Regierungswechsel
Steinmeier entlässt Scholz: Was bedeutet das?
Aktualisiert am 25.03.2025 – 05:00 UhrLesedauer: 3 Min.
Der Kanzler und seine 14 verbliebenen Minister erhalten heute ihre Entlassungsurkunden. Damit beginnt der letzte Akt des Ampel-Dramas. Bis der Vorhang fällt, dauert es aber noch ein paar Wochen.
1203 Tage und ein paar Stunden: So lange wird Olaf Scholz Bundeskanzler sein, wenn er heute am frühen Abend zusammen mit seinen 14 verbliebenen Ministern im Schloss Bellevue von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier seine Entlassungsurkunde bekommt. Damit ist aber noch nicht ganz Schluss für die Regierung, die 2021 als „Fortschrittskoalition“ gestartet ist. Ein paar Wochen muss das Team Scholz noch die Stellung halten.
Weil Artikel 69 des Grundgesetzes das so vorschreibt: „Das Amt des Bundeskanzlers oder eines Bundesministers endigt in jedem Falle mit dem Zusammentritt eines neuen Bundestages“, heißt es da. Der neue Bundestag tritt am Dienstag um 11.00 Uhr zusammen – genau 30 Tage nach der Wahl. Deswegen erhalten Scholz und seine Minister gleich nach der Sitzung, deren Ende für 16.00 Uhr geplant ist, im Schloss Bellevue ihre Entlassungsurkunden.
Ist Deutschland dann ohne Regierung?
Nein. Steinmeier wird Scholz und seine Minister bitten, die Amtsgeschäfte bis zur Ernennung einer neuen Regierung fortzuführen. Die Regierung ist nach Artikel 69 des Grundgesetzes verpflichtet, dies auch zu tun. Sie ist dann aber nur noch geschäftsführend im Amt.
Schon seit der Wahl vor 30 Tagen trifft die Regierung Scholz keine weitreichenden Entscheidungen mehr, ohne sich mit der Union als künftig wohl stärkster Kraft in der Regierung abzustimmen. In der Praxis ändert sich mit dem Überreichen der Entlassungsurkunden also nicht viel. Mit der Konstituierung des neuen Parlaments verliert die Regierung aber ein weiteres Stück Legitimation.
Er wird weiter Termine als Kanzler wahrnehmen. Aber nur die nötigsten. Am Donnerstag wird er zum Beispiel zum Ukraine-Gipfel nach Paris fliegen, aber nicht ohne seinen wahrscheinlichen Nachfolger Friedrich Merz vorher zu konsultieren.
Wie lange hält dieser Schwebezustand noch an?
Das lässt sich nicht genau sagen. Wenn alles glattläuft, könnten Merz und sein Kabinett noch vor Ostern im Schloss Bellevue ihre Ernennungsurkunden erhalten. Dafür müssten die Verhandlungen über einen Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD aber in der nächsten Woche abgeschlossen werden. Das ist möglich, aber ambitioniert. Klappt es nicht, dürfte die Regierung erst Ende April oder Anfang Mai stehen. Dass die Verhandlungen scheitern, glaubt mangels Alternative niemand so richtig.
Allen voran Olaf Scholz. Er hat schon vor der Wahl gesagt, dass er für ein Kabinett eines Kanzlers Merz nicht zur Verfügung steht. Mit den Koalitionsverhandlungen hat er nichts zu tun. Allerdings will er sein in Potsdam gewonnenes Direktmandat wahrnehmen und für die gesamte Wahlperiode im Bundestag bleiben.
Alle fünf Minister und Ministerinnen der Grünen sowie Verkehrsminister Volker Wissing, der mit dem Koalitionsbruch der FDP den Rücken kehrte und in der Regierung blieb, scheiden aus. Außenministerin Annalena Baerbock will ab September Präsidentin der UN-Generalversammlung werden. Cem Özdemir, Agrar- und zuletzt auch Bildungsminister, wechselt in die Landespolitik. Sein neues großes Ziel: Ministerpräsident in Stuttgart zu werden. Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck ist in den Bundestag gewählt, will auf eine führende Rolle in seiner Partei aber nun verzichten. Bei Wissing wird erwartet, dass er nach seinem Ausscheiden aus der Politik wieder als Anwalt arbeitet.
Für Posten im neuen Kabinett kommen grundsätzlich alle acht bisherigen SPD-Ministerinnen und -Minister infrage. Keine und keiner von ihnen hat bisher einen freiwilligen Verzicht erklärt. Die SPD wird in der neuen Regierung aber höchstens sechs Ministerposten erhalten. Und es ist davon auszugehen, dass es Neulinge geben wird. Es wird sich also nur ein Teil der bisherigen Minister in einem Kabinett wiederfinden.
Der allen Umfragen zufolge beliebteste Politiker Deutschlands, Verteidigungsminister Boris Pistorius, hat große Chancen, seinen Posten zu behalten. Schwieriger wird es für Innenministerin Nancy Faeser: Es gilt als wahrscheinlich, dass ihr Ministerium in den Koalitionsverhandlungen an die Union geht. Sie könnte aber zum Beispiel Justizministerin werden. Der ebenfalls beliebte Arbeitsminister Hubertus Heil hat das Problem, dass er wie Pistorius und der mögliche künftige Vizekanzler Lars Klingbeil aus Niedersachsen kommt. Der Proporz spielt bei der Postenverteilung stets eine große Rolle.
Was ist mit den anderen?
Für Kanzleramtsminister Wolfgang Schmidt dürfte es kaum noch Platz in der neuen Regierung geben. Finanzminister Jörg Kukies muss möglicherweise Parteichef Lars Klingbeil weichen, wenn der nach einem Kabinettsposten greift. Offen ist die Zukunft von Karl Lauterbach (Gesundheit), Klara Geywitz (Bauen und Wohnen) und Svenja Schulze (Entwicklung).