Ermittler haben weitere Akten im Skandal um die Schleusung reicher Chinesen nach NRW angefordert: Grund ist die plötzliche Insolvenz eines Unternehmens.
Im Verfahrenskomplex gegen eine mutmaßliche Schleuserbande mit zahlreichen Kontakten in die nordrhein-westfälische Politik geht die Staatsanwaltschaft Düsseldorf einem neuen Verdacht nach: Laut Informationen von t-online wird nun auch wegen möglicher Insolvenzverschleppung ermittelt. Ein Sprecher der Behörde bestätigte auf Anfrage, vor wenigen Tagen ein entsprechendes Verfahren von der Staatsanwaltschaft Köln übernommen zu haben. Die Akten dazu seien angefordert worden.
Mit dem Kölner Unternehmen, das sich mehrheitlich im Besitz der beiden Hauptbeschuldigten Claus B. und Johannes D. befindet, sollten ausländische Arbeitskräfte nach Deutschland gebracht werden. Beide hatten sich als Rechtsanwälte auf dieses Gebiet spezialisiert und boten ihre Dienste offen an. Dabei berieten sie unter anderem den Landkreis Düren. Mitte April aber durchsuchten rund tausend Polizeibeamte nach jahrelangen Ermittlungen schließlich Objekte in acht Bundesländern.
Der Vorwurf: Die Rechtsanwälte B. und D. sollen Hunderte reicher Kunden hauptsächlich aus China illegal mit deutschen Aufenthaltstiteln versorgt haben. Helfer und Mitwisser in den Behörden seien dafür geschmiert worden. Zu den rund 200 Beschuldigten zählen der führende Multifunktionär des Landkreises Düren, Jens Bröker (SPD), und der dortige Landrat Wolfgang Spelthahn (CDU).
Besonders großes Aufsehen erregte, dass der mutmaßliche Chef der Schleuserbande den Landesinnenminister Herbert Reul (CDU) mit Spenden und der Organisation von Treffen im Wahlkampf unterstützt hatte. Darüber berichtete der „Kölner Stadt-Anzeiger“ zuerst. Unterlagen, die t-online vorliegen, belegen von B. vermittelte exklusive Runden mit dem Minister in Restaurants und Hinterzimmern. Zu den Teilnehmern zählte auch Kölner Stadtprominenz aus dem Karneval.
Pikant: Das nun verdächtige Unternehmen von B. und D. war noch 2023 als Trikotsponsor für den 1. FC Düren aufgetreten, dessen Präsident der Dürener Landrat Spelthahn ist. Knapp zwei Wochen nach der Razzia Mitte April beantragte die Geschäftsführung dann aber die Einleitung eines Insolvenzverfahrens – ohne Erfolg. Das Amtsgericht Köln wies den Antrag „mangels Masse“ ab. In solchen Fällen wird immer die Staatsanwaltschaft informiert, die von Amts wegen dann den Anfangsverdacht der Insolvenzverschleppung prüft.
Der ehemalige Geschäftsführer des Unternehmens reagierte auf eine Anfrage von t-online nicht. Eine weitere Insolvenz eines von B. geführten Unternehmens, die bereits vier Wochen vor dem Zugriff im April beantragt wurde, steht laut Informationen von t-online nicht mit dem Verfahrenskomplex in Zusammenhang.