Landtagswahl
SPD schlägt AfD in Brandenburg – BSW für Mehrheit nötig
Aktualisiert am 22.09.2024 – 22:46 UhrLesedauer: 4 Min.
Eine Aufholjagd mit gutem Ausgang für die SPD, die seit 1990 in Brandenburg regiert: Sie lässt die AfD knapp hinter sich. Für die Ampel-Parteien Grüne und FDP ist der Wahlabend ein Desaster.
Bei der Landtagswahl in Brandenburg hat sich die SPD von Ministerpräsident Dietmar Woidke knapp gegen die AfD durchgesetzt und ist erneut stärkste Kraft geworden. Nach Hochrechnungen von ARD und ZDF folgen dahinter das neue Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) und die CDU, die das schlechteste Ergebnis in Ostdeutschland seit 1990 einfährt. Grüne, Linke, FDP und BVB/Freie Wähler bleiben unter der Fünf-Prozent-Hürde und sind nicht im Landtag vertreten.
Woidke könnte damit nach elf Jahren im Amt weiterregieren – möglich wäre entweder ein Bündnis mit dem BSW oder eine Dreier-Koalition mit BSW und CDU.
Den Hochrechnungen zufolge erreicht die SPD 30,7 bis 30,9 Prozent (2019: 26,2 Prozent). Die AfD, die vom Verfassungsschutz in Brandenburg als rechtsextremer Verdachtsfall eingestuft wird, steigert sich auf 29,4 Prozent (23,5). Das BSW kommt aus dem Stand auf 13,4 Prozent. Die CDU sackt ab auf 12 bis 12,1 Prozent (15,6). Die Grünen verlieren massiv und landen bei 4,1 bis 4,2 Prozent (10,8). Die Linke rutscht auf 3 Prozent ab (10,7). BVB/Freie Wähler kommen auf 2,6 Prozent (5,0), die FDP liegt laut ARD-Hochrechnung bei unter einem Prozent.
Die SPD kommt nach ihrem Zweitstimmenergebnis auf 32 Mandate im Landtag (2019: 25), die AfD auf 30 (23). Das BSW erhält demnach 14 Sitze, die CDU 12 (15). Grüne, Linke, BVB/Freie und FDP liegen unter der Fünf-Prozent-Marke. Auch ein Einzug über den Gewinn eines Direktmandats gelang ihnen nicht.
Die Wahlbeteiligung liegt den Hochrechnungen zufolge bei 73 bis 73,5 Prozent und damit so hoch wie nie seit 1990. 2019 betrug sie 61,3 Prozent.
Brandenburg ist seit 1990 SPD-regiert
Die SPD kann nach zuletzt schlechten Ergebnissen bei der Europawahl und den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen nun etwas aufatmen – auch im Bund. Kanzler Olaf Scholz (SPD) darf auf leichten Rückenwind für den Wahlkampf im Bund hoffen. „Ist doch super, dass wir gewonnen haben“, sagte er während seines Besuchs in New York. „Ich habe es gespürt, dass da was passiert.“ SPD-Chef Lars Klingbeil und auch Spitzenkandidat Woidke stellten sich angesichts des Erfolgs hinter Scholz als Kanzlerkandidaten.
Seit der Wiedervereinigung 1990 haben die Sozialdemokraten in Brandenburg durchgängig den Ministerpräsidenten gestellt. Im Wahlkampf hatte der 62-jährige Woidke bewusst nicht auf große gemeinsame Auftritte mit Scholz gesetzt – wohl auch wegen der schlechten Umfragewerte der Berliner Ampel. Zur Wahl aufgerufen waren rund 2,1 Millionen Menschen – es gibt in dem Bundesland weniger Wahlberechtigte als in Berlin.
Vor der Wahl hatte Woidke angekündigt, dass er nur dann weiter Regierungsverantwortung tragen will, wenn die SPD stärkste Kraft wird – das hat er nun geschafft. Eine Fortsetzung der Koalition aus SPD, CDU und Grünen, die seit 2019 regiert hatte, ist aber laut Hochrechnungen nicht möglich. Denkbar wäre eine Zweierkoalition aus SPD und BSW oder ein Dreierbündnis aus SPD, CDU und BSW.
Woidkes SPD hatte unmittelbar vor der Wahl in den Umfragen deutlich zugelegt. „Wir haben eine Aufholjagd hingelegt, wie es sie in der Geschichte unseres Landes noch niemals gegeben hat“, sagte er mit Blick auf die AfD. Wie so oft in der Geschichte seien es Sozialdemokraten gewesen, „die Extremisten auf ihrem Weg zur Macht gestoppt haben“. Woidke kündigte an, voraussichtlich zuerst mit der CDU über die Bildung einer Regierungskoalition zu sprechen.
Der Generalsekretär der Bundes-CDU, Carsten Linnemann, sprach von einer „bitteren Niederlage“. Woidke habe mit seiner Rücktrittsdrohung alles auf eine Karte gesetzt – und gewonnen. „So sieht Glaubwürdigkeit aus.“ Der CDU-Spitzenkandidat Jan Redmann will nach der Wahlschlappe nicht vom Landesvorsitz zurücktreten. „Das wäre das ganz falsche Signal“, sagte er.
Linke-Spitzenkandidat Sebastian Walter nannte das Ergebnis seiner Partei „desaströs“. Viele Menschen hätten SPD gewählt – „aber nicht aus Überzeugung“. Grund sei der aus seiner Sicht „Panikwahlkampf des Ministerpräsidenten“ gegen die AfD.