Wer Bahn fährt, plant mittlerweile mit großzügigen Zeitpuffern, denn die Verspätungen sind auf einem Rekordhoch. Der Konzern will gegensteuern.
Ausfälle, Verspätungen, Defekte: Viele Kunden sind von der Deutschen Bahn genervt; das Vertrauen ist deutlich gesunken. Das hat auch der Konzern verstanden. Michael Peterson, Vorstand für Personenfernverkehr, sagt im Pressegespräch am Dienstag: „2024 war ein schmerzhaftes Jahr für die Bahn.“
Gründe dafür waren laut Peterson vor allem die Streiks, Extremwetter und die marode Infrastruktur. Nach einer „extrem starken“ Nachfrage im Jahr 2023 hat dadurch vor allem die Pünktlichkeit gelitten. Im August lag die Pünktlichkeit im Fernverkehr gerade einmal bei 60,6 Prozent.
Das will der Bahnvorstand in den kommenden Jahren deutlich verbessern. Das ambitionierte Ziel: Bis 2027 soll die Pünktlichkeit wieder auf mehr als 75 Prozent steigen. „Grundvoraussetzung dafür ist eine funktionierende Infrastruktur“, sagte Peterson.
Diese soll in den kommenden Jahren an vielen Stellen saniert werden; im Fokus stehen vor allem 41 besonders wichtige Korridore. Nach Angaben der Bahn sind 80 Prozent der Verspätungen derzeit auf den schlechten Zustand der Schienenwege zurückzuführen, dafür ist Peterson als Fernverkehrszustand nicht zuständig.
Die aktuell laufende Sanierung der Riedbahnstrecke mache ihm aber trotzdem Hoffnung, denn dort laufe alles nach Plan. Um bei den vielen geplanten Bauprojekten die Pünktlichkeit nicht weiter zu gefährden, soll künftig verstärkt um den Fahrplan herumgebaut werden, anstatt jeweils den Fahrplan anzupassen, wie es bisher das Vorgehen war.
Zudem will die Bahn in mehreren Bereichen schneller werden, sowohl bei Abläufen als auch bei den Zügen selbst. So sollen mit der sogenannten Turbowende bis zu 70 Minuten Zeit bei der Reinigung und Wiederbereitstellung von Zügen eingespart werden. Dadurch werden Kapazitäten in den Werken frei.
Die längeren ICE-4-Züge bekommen darüber hinaus ein Software-Update. In Zusammenarbeit mit dem Hersteller hat die Bahn die Maximalgeschwindigkeit von 250 auf 265 Km/h erhöht. Diese sollen aber nicht regulär ausgefahren werden, sondern als Puffer dienen, um eventuelle Verspätungen auszugleichen.
Mehr Sprinter und Auslandsverbindungen
Mit weiteren Angeboten will die Bahn darüber hinaus auf Kundenwünsche reagieren. Trotz Spardruck sei es angesichts der knappen Kapazitäten auf dem hochbelasteten Netz keine Lösung, den Fernverkehr zusammenzukürzen, da er nur einen Bruchteil des Verkehrs auf den Schienen in Deutschland ausmache.
Im Fahrplan für das Jahr 2025 wird es laut Peterson bereits etwas mehr Sprinter-Verbindungen geben, also ICE-Fahrten mit nur wenigen Halten zwischen Start- und Endbahnhof. „Bis Dezember 2026 werden 20 deutsche Großstädte mit einem ICE-Halbstundentakt an den bundesweiten Fernverkehr angebunden sein“, sagte Peterson.
Auch mehr internationale Fahrten sind mittelfristig vorgesehen. „Auch damit kommen wir dem Wunsch der Fahrgäste nach“, sagte Peterson. Ab Mitte Dezember gibt es etwa eine neue Direktverbindung von Berlin in die französische Hauptstadt Paris. Die Fahrzeit soll rund acht Stunden betragen; Tickets soll es in der zweiten Klasse ab 59,99 inklusive Sitzplatzreservierung geben.
Über den Streckenverlauf gab es zuvor rege Diskussionen. Nun steht fest: Die Züge fahren künftig über Frankfurt Süd, Karlsruhe und Straßburg. Damit gibt es nach Bahn-Angaben auch zum ersten Mal eine Direktverbindung am Tag zwischen Berlin und Straßburg, dem Hauptsitz des Europäischen Parlaments.
Die Bahn verlängert auch die Vorbuchungsfrist: Das heißt, ab 16. Oktober können Kunden bereits Tickets für das gesamte kommende Jahr buchen, statt wie bisher nur für die ersten sechs Monate. Dann steht nämlich auch bereits der Fahrplan für das kommende Jahr.