Tesla steckt in der Krise, Elon Musk spielt dabei eine zentrale Rolle. Ist Teslas Kultstatus – und Zukunft – noch zu retten? Ein Experte analysiert die Lage.
Die Zahlen der letzten Wochen sahen nicht gut aus für Tesla: Die Zahl der Neuzulassungen ist eingebrochen. Während der globale Markt für Elektroautos wächst, hat der einstige Pionier an Boden verloren. In Europa sind die Verkaufszahlen im Januar um 45 Prozent zurückgegangen, in China brachen die Verkäufe im Februar um 45 Prozent im Vergleich zum Vorjahr ein. Auch die Tesla-Aktie fällt. In einigen Städten brennen Teslas und die Schnellladesäulen (Supercharger). Und die Konkurrenz aus China rückt immer näher.
Woher kommt der Einbruch? Welche Rolle spielt Elon Musk? Kann Tesla sich noch retten? Ein Marketing-Experte analysiert die Situation – und erklärt, welche Schritte jetzt nötig wären.
Prof. Dr. Marcus Hoffmann hat elf Jahre Praxiserfahrung als Marketingleiter und ist seit 15 Jahren Marketingprofessor an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Heidenheim.
t-online: In einer aktuellen t-online-Umfrage gaben über 94 Prozent von mehr als 130.000 Befragten an, dass sie in der aktuellen Situation keinen Tesla mehr kaufen würden. Überrascht Sie dieses Ergebnis?
Marcus Hoffmann: Nein, überhaupt nicht. Viele potenzielle Käufer überlegen gemeinsam mit ihren Familien, welches Auto sie kaufen. Das ist oft keine Einzelentscheidung. Und aktuell stellt sich die Frage: Möchte man derjenige sein, der sich jetzt einen neuen Tesla vor die Tür stellt – und sich dann auf Diskussionen mit seinem Umfeld einlassen muss?
Sie meinen Diskussionen über Elon Musks rücksichtslosen Umbau der US-Behörden und seine Einmischung in die Politik anderer Länder, etwa als Unterstützer der AfD?
Genau. Das hat seinem Ansehen stark geschadet. Die negative Öffentlichkeitswirkung einer so starken Persönlichkeitsmarke wie Elon Musk strahlt direkt auf das Unternehmen Tesla aus. Besonders bei Konsumgütern – und erst recht bei hochpreisigen – spielt das eine große Rolle. Kunden kaufen in diesem Bereich keine Produkte, sie kaufen Marken. Wenn das Markenimage leidet, sinkt die Kaufbereitschaft.
Lange galt Elon Musk als Tech-Visionär. Was machte den Reiz der Marke Tesla aus?
Seit der Gründung im Jahr 2003 sind Musk als Persönlichkeitsmarke und Tesla als Unternehmen untrennbar miteinander verbunden. Was Musk anpackte, brachte er oft nicht nur weit voran, sondern stellte damit ganze Branchen auf den Kopf. Tesla war der Pionier der modernen Elektromobilität – und zwang die gesamte Automobilindustrie, sich mit einer klimafreundlichen Zukunft auseinanderzusetzen.
Was Musk anpackte, brachte er oft nicht nur weit voran, sondern stellte damit ganze Branchen auf den Kopf.
Marcus Hoffmann
Was hat den Kultstatus von Tesla bisher ausgemacht?
Keine andere Automarke verkörpert so konsequent die Vision einer CO₂-freien Zukunft. Sie setzen ausschließlich auf Elektroantriebe, keine Verbrennungsmotoren. Das machte Tesla lange glaubwürdig – und führte zum Kultstatus der Marke. Musk hätte es dabei belassen sollen. Dann wäre der aktuelle Imageschaden nicht so groß.
Was war Elon Musks größter Fehler in Bezug auf Tesla?
Unabhängig von seinen politischen Aktivitäten: Musk hat es versäumt, rechtzeitig den Absprung zu schaffen. Er hätte sein Amt als CEO spätestens bei seinem Einstieg in die US-Politik abgeben müssen und so Schaden von der Marke abwenden können.
Lässt sich das Image von Tesla noch retten – und wenn ja, wie?
Am einfachsten wäre es, wenn Tesla und Musk klar getrennt würden. Bedeutet: Musk sollte sein Amt als CEO an einen Nachfolger übergeben. Solange er an der Spitze steht, wird seine Personenmarke das Unternehmen überstrahlen. Tesla sollte jetzt konsequent die Unternehmensmarke in den Vordergrund rücken. Denn trotz der aktuellen Probleme hat Tesla gute Chancen, seine Position im Premiumsegment zu halten.
Tesla ist bei einem zentralen Bauteil, der Batterietechnologie, weiterhin führend. Das wird auch von den Wettbewerbern anerkannt. Auch in den Bereichen autonomes Fahren und Autosoftware setzt Tesla Maßstäbe. Doch der Wettbewerbsvorsprung wird schnell kleiner. Auch deshalb ist der Wert der Marke Tesla bis Ende 2024 bereits um ein Viertel auf 42,9 Milliarden US-Dollar gefallen. Das ist immer noch ein vergleichsweise hoher Wert. Und trotz des Kursrückgangs der Tesla-Aktie an der Börse ist das Unternehmen, Stand heute, der mit Abstand wertvollste Automobilhersteller – vor Toyota.