Das norwegische Skisprung-Team hat Betrug zugegeben. Die Umstände erschüttern den Sport – und machen auch Deutschlands früheren Leistungsträger Severin Freund fassungslos.
Am vergangenen Wochenende wurden die norwegischen Skispringer Marius Lindvik, Johann André Forfang und Kristoffer Eriksen Sundal nach dem WM-Wettbewerb auf der Großschanze disqualifiziert. Der Weltverband (FIS) begründete die Entscheidung mit einer „Manipulation des Anzugs“. Inzwischen hat das norwegische Team den Betrug durch eine unerlaubte verstärkte Naht in den Anzügen, die mehr Stabilität bot, gestanden. Cheftrainer Magnus Brevig wurde suspendiert, ebenso wie sein Assistent Thomas Lobben und der Anzugschneider Adrian Livelten.
Am Mittwoch gab die FIS bekannt, dass Lindvik und Forfang „wegen ihrer mutmaßlichen Beteiligung an illegalen Ausrüstungsmanipulationen“ ebenfalls suspendiert sind und vorerst nicht mehr an Wettkämpfen teilnehmen dürfen. Der Skandal erschüttert die Skisprung-Welt und beschäftigt auch den früheren deutschen Skisprung-Star und TV-Experten Severin Freund. Im Interview mit t-online spricht der 36-jährige Skiflug-Weltmeister von 2014 über die Folgen für seine Sportart – und darüber, was sich nun ändern muss.
t-online: Wie bewerten Sie die Auswirkungen der Manipulation der Norweger auf die Sportart?
Severin Freund: Man kann noch gar nicht absehen, was das für Folgen haben wird. Es ist ein riesengroßes Drama. Gleichzeitig habe ich die Hoffnung, dass es eine große Chance sein kann.
Dass die richtigen Schlüsse daraus gezogen werden. Es muss ganz dringend etwas am Kontrollprozedere geändert werden, damit so etwas in Zukunft nicht mehr möglich ist und es zu einer größeren Fairness kommen kann.
Wie sollte sich Ihrer Meinung nach das Kontrollprozedere durch den Weltverband FIS verändern?
Wenn es möglich ist, sind technische Lösungen ein Vorteil, weil es dann keinen menschlichen Faktor mehr gibt. Bisher hat man gesagt, dass das noch nicht möglich ist. Das muss man abwarten. Es steht ja auch im Raum, dass die NFC-Chips, die in die Anzüge eingefügt und kontrolliert werden, von den Norwegern geklont wurden und damit eventuell das Reglement der Anzugbeschränkung umgangen worden ist. Wenn das so wäre, dann würde es zeigen, dass auch die Technik nicht unfehlbar ist. Es braucht zukünftig die Manpower für die Kontrollen und den Willen, dass man von Anfang an eine Null-Toleranz-Linie fährt. Dann hätte man ein besseres System.
Gäbe es dann auch im Laufe der Saison weniger Materialentwicklungen unter den Nationen?
Am Anfang dieser Saison gab es Materialunterschiede. Deutschland war relativ gut aufgestellt und Österreich wahrscheinlich am besten. Ihnen sind die Regeländerungen zugutegekommen. Andere Nationen hinkten am Anfang hinterher. Das ist aber nicht das große Problem. Es darf meiner Meinung nach auch weiterhin eine Materialentwicklung geben.
Es muss einen ganz klaren Rahmen geben. Wenn sich aber jemand – wie es jetzt passiert ist – über den Rahmen hinwegsetzt, dann muss es sofort und direkt ganz klare Sanktionen geben. Im Moment hat man nicht das Gefühl, dass die FIS in einer aktiven Rolle ist, sondern nur auf das reagiert, was passiert. Das ist keine gute Situation.
Was bräuchte es für Strafen bei Regelverstößen?
Bei Regelverstößen könnte es Sperren geben oder auch Materialentzug. Auch finanzielle Sanktionen könnten verhängt werden. Wichtig ist, dass es abhängig ist von der Schwere des Verstoßes. Da gibt es klare Unterschiede.