Während im Ukraine-Krieg ständig neue Hightech-Drohnen zum Einsatz kommen, hat die Bundeswehr keine einzige bewaffnete Drohne. CSU-Mann Florian Hahn fordert ein Umdenken in der Truppe – und macht der SPD scharfe Vorwürfe.
Fast drei Jahre ist es her, dass Kanzler Olaf Scholz (SPD) im Bundestag die Zeitenwende ausrief. Doch die Strukturprobleme der Bundeswehr sind geblieben: zu wenig Personal, zu lange Beschaffungswege, ein verkrusteter Apparat, fehlende Einsatzfähigkeit. Geht es nach dem verteidigungspolitischen Sprecher der Unionsfraktion, Florian Hahn, kommt noch ein weiteres Problem hinzu: technologische Rückständigkeit.
„Das ist der Irrsinn: Die Bundeswehr ist noch nicht in der Gegenwart angekommen“, klagt Hahn im Gespräch mit t-online und meint vor allem fehlende Zukunftstechnologien wie Drohnen und Künstliche Intelligenz. Der CSU-Politiker erklärt auch, warum bei der Finanzierung der Bundeswehr neue Schulden nur das letzte Mittel sein dürften, worauf sich der Friedensflügel der SPD im Falle einer Großen Koalition einstellen müsste – und was er von der Behauptung seines Fraktionskollegen Roderich Kiesewetter (CDU) hält, es gebe eine „Moskau-Connection“ in der Union.
t-online: Herr Hahn, in einem Positionspapier werfen Sie dem Haus von Verteidigungsminister Boris Pistorius vor, den technischen Fortschritt zu verschlafen. Bei Drohnen, Künstlicher Intelligenz und Weltraumfähigkeiten gibt es keine Innovationen. Ist die Bundeswehr eine technologisch rückständige Armee?
Florian Hahn: Die Bundeswehr hängt in veralteten Mustern fest. Sie setzt sich nicht mit den neuen Szenarien der Kriegsführung auseinander. Daher kann sie auch nicht die richtigen Rückschlüsse ziehen, wie die Bundeswehr der Zukunft aussehen soll.
Während der Ausbildung in Deutschland haben sich die Ukrainer verwundert die Augen gerieben, weil die Ausbildung völlig ohne Drohnen auskam. Die Ukrainer wissen aber natürlich, dass ihr Abwehrkampf gegen Russland von der Drohnentechnologie geprägt ist. Das ist der Irrsinn: Die Bundeswehr ist noch nicht in der Gegenwart angekommen.
Sie fordern, die Bundeswehr solle eine „Drohnenarmee“ werden, inklusive „sofortiger Beschaffung“ von 100.000 Drohnen. Welches Kriegsszenario haben Sie dabei im Kopf?
Der potenzielle Gegner der Bundeswehr ist die Russische Föderation und ihre Verbündeten. Russland hat dank China und dem Iran Zugriff auf die modernsten Kriegstechnologien, etwa im Bereich von Kampfdrohnen, Chips und weiterer Technologiekomponenten. Russland ist die größte Bedrohung für uns in Europa. In einem möglichen Drohnenkrieg der Zukunft müssen wir nicht nur verteidigungsbereit, sondern auch in der Lage sein, die militärisch-technologische Dominanz in diesem Feld zu erringen.
Also einen Krieg gegen Russland zu gewinnen?
Einen Verteidigungskrieg, ja.
Wo sehen Sie die Gründe für die technologische Rückständigkeit der Truppe?
Das ist ein politisches Versagen der Sozialdemokratie. Beim Thema Drohnen ist der Fall klar: Es war die SPD, die in den letzten acht Jahren der Großen Koalition die Beschaffung bewaffneter Drohnen blockiert hat. Aus rein ideologischen Gründen wohlgemerkt, obwohl Drohnen die Sicherheit unserer Soldaten im Einsatz gestärkt hätten.
Das ist ein politisches Versagen der Sozialdemokratie.
CSU-Politiker Florian Hahn
Planer im Bundesverteidigungsministerium verweisen auf die rasante technische Entwicklung speziell im Bereich unbemannter Flugsysteme. Was soll die Truppe mit 100.000 eingelagerten Drohnen, die in zwei Jahren veraltet sind?
Sollte es zu einer kriegerischen Auseinandersetzung kommen, ist es besser, welche zu haben als keine. Den Zeitpunkt eines Krieges wählt im Zweifel der Gegner. Aktuell verfügen wir über eine mittlere dreistellige Zahl an Drohnen, keine einzige davon bewaffnet. Das ist ein eklatantes Sicherheitsrisiko. Wir brauchen Streitkräfte, die mit Drohnen umgehen können, und eine Rüstungsindustrie, die jederzeit genug dieser Waffensysteme „state of the art“ produzieren kann.
Wir müssen zudem aus unseren alten Denkmustern herauskommen: Waffensysteme beschafft man nicht mehr für zehn oder 20 Jahre. Wir müssen flexibler, modularer werden, so dass nur einzelne Komponenten ausgetauscht oder die Software und KI ein Update erhalten müssen.