Traumsand und Zipfelmütze
Der Sandmann kommt ins Rentenalter – Kult seit 1959
17.11.2024 – 10:08 UhrLesedauer: 2 Min.
Millionen Kinder hat der Sandmann schon ins Bett gebracht. Nun feiert die beliebte Figur, die aus dem Ost-Fernsehen stammt, einen besonderen Geburtstag.
Was haben der grüne Ampelpfeil, Halloren-Kugeln und das Sandmännchen gemeinsam? Alle drei haben die DDR überlebt. Besonders der kleine Mann mit Spitzbart und Zipfelmütze steht in diesen Tagen im Mittelpunkt: Er wird 65 Jahre alt.
Zum Jubiläum entstanden acht neue Episoden, in denen der Sandmann etwa Fußball spielt oder mit dem Paddelboard Skandinavien erkundet. Für einen 3,5-minütigen Film werden etwa drei bis vier Wochen Produktionszeit benötigt.
Der Startschuss zum Sandmännchen fiel in Berlin-Adlershof
Seit 1959 begleitet das Sandmännchen Kinder in den Schlaf – und ist damit Deutschlands dienstälteste Figur im Kinderfernsehen. Obwohl die DDR längst Geschichte ist, bleibt der 24 Zentimeter große TV-Star unermüdlich im Einsatz. Generationen von Kindern hat er mit seinem Traumsand ins Bett geschickt, und auch heute gehört er fest zum Abendritual vieler Familien.
Seinen ersten Auftritt hatte das Sandmännchen am 22. November 1959 in den Berliner Studios von Adlershof. Noch in Schwarz-Weiß verzauberte die Figur Kinderherzen im Osten Deutschlands. Der sozialistische Staat wollte der westdeutschen Version zuvorkommen, die erst acht Tage später ins Fernsehen kam. Die Kinder der DDR waren sofort begeistert: Viele boten dem müden Sandmann in Briefen sogar ihre Betten an.
Trickfilmmacher Gerhard Behrendt ließ sich für das Sandmännchen von Hans Christian Andersens Märchenfigur „Ole Lukøje“ („Ole Augenschließer“) inspirieren. Der Spitzbart – der die Zuschauer an DDR-Staatschef Walter Ulbricht erinnerte – wurde zum Markenzeichen der Figur, ebenso wie Zipfelmütze, Mäntelchen und der Sandsack.
65 Jahre Sandmännchen: Der „Abendgruß“ ist ein festes Ritual
Mit der Sendung „Abendgruß“ wurde das Sandmännchen zum festen Bestandteil des Zubettgehens. Begleitet von seinem Erkennungslied brachte er kurze Geschichten aus dem Märchenwald – etwa von Pittiplatsch und Schnatterinchen – oder nach dem Mauerfall von Kalli und den „obercoolen“ Pinguinen der Südpolgang.
Der Sandmann ist überall unterwegs: Er reist durch Weltmeere, ins Märchenland oder mit dem Tragflächenboot nach Budapest. Einst besuchte er sozialistische Bruderländer, später auch exotische Orte wie Vietnam, Irak oder Kuba – Ziele, die für viele DDR-Bürger unerreichbar waren.
Die DDR geht unter – das Ost-Sandmännchen erobert den Westen
Mit dem Ende der DDR verschwand zwar der Staatsfunk, doch das Sandmännchen blieb. Während der West-Sandmann noch vor der Wende im Frühjahr 1989 endgültig abgeschafft wurde, laufen die Wiederholungen der DDR-Episoden und neue Folgen mit dem Ost-Sandmann seit 1992 vor allem auf KiKA, im RBB und im MDR.
Das Design des Sandmännchens hat sich seit den 60er-Jahren kaum verändert – nur der Bart ist kürzer und die Gesichtszüge etwas weicher. Jeden Abend schalten rund eine Million Menschen ein, um den Sandmann zu sehen, sei es im Fernsehen oder auf digitalen Plattformen. Für viele Familien ist er bis heute ein unverzichtbarer Teil ihres Alltags. Mit 65 Jahren in Rente gehen? Daran denkt das Sandmännchen noch lange nicht.