Die Nase wird zwar im Alter immer größer, doch sie riecht meist weniger gut. Dies könnte auch ein unterschätztes Warnsignal sein, meinen Mediziner.
Eine frisch gemähte Wiese, das liebste Parfüm oder Kaffeeduft am Morgen: Viele ältere Menschen riechen all das nicht mehr. Der Grund: Im Alter geht der Geruchssinn allmählich verloren.
Die Ursachen dafür sind bis heute nicht vollständig geklärt. Forscher gehen davon aus, dass hier körperliche Veränderungen zum Tragen kommen: Riechzellen gehen mit fortschreitendem Alter verloren, der Riechkolben wird kleiner und gibt weniger Informationen an das Gehirn weiter.
Häufig unterschätzt wird laut Experten der Deutschen Hirnstiftung, dass der Verlust des Geruchssinns auch ein frühes Warnzeichen für eine beginnende neurodegenerative Krankheit wie Alzheimer oder Parkinson sein kann. Darauf weisen sie in einer aktuellen Pressemitteilung hin.
„Riechverlust sollte immer ärztlich abgeklärt werden“, betont Prof. Dr. Kathrin Reetz, Präsidentin der Deutschen Hirnstiftung. Denn nur eine frühzeitige Diagnose ermögliche es, das Fortschreiten solcher Erkrankungen durch gezielte Maßnahmen zu verlangsamen oder gar aufzuhalten. Ihr Rat: „Wenden Sie sich an Ihren Hausarzt, wenn Sie bemerken, dass Sie deutlich weniger riechen können.“
Parkinson entwickelt sich oft schleichend und bleibt lange unbemerkt. Eines der ersten Anzeichen kann ein gestörter Geruchssinn sein, der meist viele Jahre vor weiteren Symptomen wie zitternden Händen oder steifen Muskeln auftritt (mehr dazu hier).
Eine deutsche Studie zeigte vor zwei Jahren, dass dieser Riechverlust der endgültigen Diagnose oft um ein Jahrzehnt vorausgeht. Trotz dieses Wissens suchen Betroffene selten frühzeitig ärztliche Hilfe auf: Drei Viertel aller Parkinson-Patienten leiden bereits an einem stark fortgeschrittenen Riechverlust.
„Es macht daher immer Sinn, abklären zu lassen, was hinter der Riechstörung steckt“, sagt Reetz. „Viele Ursachen lassen sich behandeln – und selbst wenn die Ursache eine schwere Krankheit wie Parkinson ist, eröffnet die frühe Diagnose die Möglichkeit, durch den Lebensstil Einfluss zu nehmen.“ Sport, eine gesunde Ernährung und auch frühzeitiger Einsatz von Medikamenten könnten das Fortschreiten der Krankheit verlangsamen.
Ähnlich verhält es sich mit Alzheimer: Auch hier treten Geruchsstörungen oft lange vor dem geistigen Abbau auf. Bereits in den 1970er-Jahren wurde erkannt, dass die für den Riechsinn zuständigen Hirnregionen sehr früh betroffen sind.
Neben Erkrankungen wie Parkinson und Alzheimer gibt es viele weitere Gründe für einen verminderten Geruchssinn bis hin zum totalen Verlust desselben. Dazu gehören auch andere Krankheiten wie die seltene Erbkrankheit Chorea Huntington oder Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) sowie nicht-neurologische Leiden wie Diabetes oder Allergien. Besonders während der Corona-Pandemie rückten Geruchsverluste als Symptom einer Covid-Erkrankung in den Fokus.
Reetz betont jedoch auch die Notwendigkeit zur Besonnenheit: „In den meisten Fällen steckt hinter der Abnahme des Riechvermögens eine leicht behandelbare Ursache wie eine Atemwegserkrankung oder eine Allergie – oder sie ist eine ganz normale Alterserscheinung.“ Tatsächlich hat fast ein Viertel aller Menschen einen eingeschränkten Geruchssinn ohne krankhaften Hintergrund – bei den über 80-Jährigen sind sogar 60 Prozent betroffen.