Auch in der Filmbranche reagiert man. Medienberichten zufolge könnte Dolina aus einem russischen Film, der am 11. Dezember in die Kinos kommt, komplett herausgeschnitten werden.
Der Skandal hat inzwischen solche Dimensionen erreicht, dass die Politik sich nicht mehr heraushalten kann. In der russischen Staatsduma wird über Gesetzesänderungen diskutiert. Im Zentrum steht der Vorschlag, Immobiliengeschäfte künftig mit einer siebentägigen Sperrfrist zu versehen. In dieser Zeit könnten Transaktionen rückgängig gemacht werden, etwa wenn Manipulationen im Spiel sind.
Juristen sprechen bereits von einem Präzedenzfall mit weitreichenden Folgen. Unter Immobilienkäufern verbreitet sich die Angst, sie könnten dem Dolina-Effekt zum Opfer fallen: eine Wohnung kaufen, das Geld bezahlen, nur um dann das Objekt wieder an den alten Besitzer zurückgeben zu müssen.
Für viele Russen wird Dolina nun zur Projektionsfläche für ihre Ängste. Die Sängerin steht stellvertretend für ein System, in dem Macht und Nähe zur Elite scheinbar mehr zählen als Recht und Gesetz. Doch anders als gegen das Regime selbst – Kritik daran kann strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen – lässt sich der Protest gegen Dolina gefahrlos äußern. Und genau das macht sie zum Ziel.
Der Politologe Iwan Preobraschenski schreibt in seiner Kolumne für die „Deutsche Welle“: „Der Grund für diesen massenhaften Hass liegt offensichtlich tiefer. Es ist die Frustration einer müden, eingeschüchterten und zersplitterten Gesellschaft.“
Dolina sei zu einem Punkt geworden, an dem die Unzufriedenheit der unterschiedlichsten Bevölkerungsgruppen zusammenlaufe. „Mitunter entzünden sich an solchen Punkten Revolutionen und das Volk trägt die Herrschenden aus den Palästen hinaus. Aber nicht in Russland“, so der gebürtige Moskauer – und das trotz einer eindeutig massenhaften Unzufriedenheit mit der Staatsmacht, trotz eines allmählichen Rückgangs des Lebensstandards, trotz massenhaft ausbleibender Lohnzahlungen und trotz einer tiefen Enttäuschung darüber, dass der Krieg in der Ukraine kein Ende nimmt.
„Kritisiert man Putin, kann man schnell hinter Gittern landen. Aber bei Dolina kann man der Unzufriedenheit freien Lauf lassen“, so Preobraschenski. Und so richtet die russische Öffentlichkeit ihren Zorn nicht auf die Regierung, sondern auf eine Nutznießerin des Putin-Systems. Der Fall von Larissa Dolina zeigt exemplarisch, wie sich gesellschaftlicher Unmut in Russland entlädt.











