Der Prozess gegen Christian B. nähert sich dem Ende. Ein Gutachter kommt zu einer klaren Einschätzung über den Angeklagten.
Der auch im Fall Maddie verdächtige Christian B. gehört nach Einschätzung eines psychiatrischen Gutachters zum oberen Bereich gefährlicher Straftäter. Der 47-jährige Deutsche, der wegen mehrerer Sexualstraftaten angeklagt ist, sei in „die absolute Topliga der Gefährlichkeit“ einzuordnen, sagte der Arzt vor dem Landgericht Braunschweig.
Der Gutachter betonte, dass er lediglich eine Verdachtsdiagnose stellen könne, da der Angeklagte nicht bereit gewesen sei, sich mit ihm zu treffen und zu sprechen. Dennoch führten verschiedene Analyseverfahren zu dem Ergebnis, dass Christian B. im obersten Bereich der Gefährlichkeit lande.
Christian B., bereits mehrfach wegen Sexualdelikten vorbestraft, wird aktuell beschuldigt, drei Vergewaltigungen und zwei Fälle von sexuellem Missbrauch an Kindern zwischen 2000 und 2017 in Portugal begangen zu haben. Besonders viel Aufmerksamkeit erhält der Prozess auch deshalb, weil er im Fall der 2007 verschwundenen dreijährigen Madeleine „Maddie“ McCann unter Mordverdacht steht. Dieser Fall ist jedoch nicht Gegenstand des aktuellen Verfahrens.
Derzeit verbüßt Christian B. eine Haftstrafe wegen der Vergewaltigung einer 72-jährigen US-Amerikanerin in Portugal; diese Haft könnte er jedoch im kommenden Jahr abgesessen haben. Der Gutachter schätzte die Wahrscheinlichkeit für eine erneute Inhaftierung innerhalb von zwei Jahren nach seiner Freilassung auf 30 bis 50 Prozent ein. Nach etablierten Analyseverfahren hätten nahezu 100 Prozent vergleichbarer Sexualstraftäter bessere Prognosen als er.
Für den Fall einer Verurteilung empfahl der Psychiater die Unterbringung in Sicherungsverwahrung nach der Haftstrafe, da nahezu alle Kriterien dafür erfüllt seien. Er verwies auf frühere Verurteilungen von Christian B., unter anderem wegen Kindesmissbrauchs im Jugendalter. Laut dem Mediziner beschäftigte sich B. mehr mit illegalen als mit legalen Dingen.
Ohne persönliches Gespräch stützte sich der Gutachter auf die Hauptverhandlung und die Gefangenenpersonalakte von Christian B., aus denen ein arrogantes und zynisches Verhalten hervorgehe. Diese Akteneinträge hätten auch zu vier Disziplinarverfahren geführt. Laut den Einträgen halte sich Christian B. für unschuldig und gehe von einer Entschädigung aus.
„Er soll etwa gedroht haben, ‚diesen Knast fertig zu machen'“, erklärte der Gutachter weiter. Bedienstete der Einrichtung habe er als Folterer bezeichnet.
Mit dem Bericht des Gutachters biegt das Verfahren auf die Zielgerade ein. Am kommenden Mittwoch steht noch ein Termin zur Entscheidung über Anträge an: „Aus Sicht der Kammer haben wir aber alle Zeugen gehabt“, sagte die Richterin am Dienstag.
Wenn keine Überraschungen auftreten, könnte die Beweisaufnahme bald abgeschlossen sein und Plädoyers wären dann in der zweiten Oktoberwoche möglich. Die Verteidiger von Christian B. haben mehrfach betont, dass sie ihren Mandanten für unschuldig halten und einen Freispruch erwarten.