Auch in den Fraktionen zeigen sich die meisten zufrieden. Wobei einige in der CDU mit einem Augenzwinkern hinzufügen, man habe ja „mit dem Schlimmsten gerechnet“. Dafür könne sich das Ergebnis nun sehen lassen.
Bleibt die Frage: Ist das der „Politikwechsel“, den die Union im Wahlkampf den Bürgern versprochen hatte? Das wird auf den ersten Blick in den Koalitionsvertrag nicht klar. So verspricht Schwarz-Rot zwar einige Neuerungen, etwa bei der Belebung der Konjunktur, der Migration, bei der inneren wie äußeren Sicherheit. Doch Skepsis ist angebracht: Ob die Verschärfungen in der Asylpolitik tatsächlich die Zuwanderung begrenzen, ist offen. Schien Merz vor der Wahl aufs Ganze gehen zu wollen, will er sich jetzt zunächst mit den EU-Nachbarn abstimmen. Gespräche, die, wie Merz auf der Pressekonferenz versicherte, bereits liefen.
Auch beim Bürokratieabbau und der Reform der Staatsfinanzen geht die Koalition eher kleine Schritte, statt den großen Wurf zu wagen. Vor allem die Tatsache, dass Merz und Klingbeil zahlreiche Projekte unter Finanzierungsvorbehalt stellen, deutet darauf hin, dass die Koalition längst nicht alle Konflikte ausräumen konnte. Mit anderen Worten: Schwarz-Rot startet mit einer selbst auferlegten Hypothek, die sie später einholen könnte. Denn es waren ungeklärte Finanzfragen, die bereits die Vorgängerregierung zu Fall brachten, von der man sich so gerne distanzieren würde. Merz und Klingbeil täten gut daran, die Streitpunkte schnell zu klären, wenn ihnen das Schicksal der Ampel erspart bleiben soll.