Migrationsdeckel an Schulen
Vorschlag der Bildungsministerin führt zu heftigen Diskussionen
07.07.2025 – 12:49 UhrLesedauer: 3 Min.
Priens Vorschlag einer Migrationsquote an Schulen sorgt für politischen Wirbel. Bildungsexperten zweifeln an der praktischen Umsetzbarkeit des umstrittenen Modells.
Bundesbildungsministerin Karin Prien zeigt sich offen für die Idee einer Obergrenze für Kinder mit Migrationshintergrund an Schulen. „Das ist ein denkbares Modell“, sagte sie in der Sendung „Politikergrillen mit Jan Philipp Burgard“ bei Welt-TV. Burgard hatte die CDU-Politikerin mit Verweis auf das Beispiel Dänemark nach ihrer Meinung zu einer solchen Beschränkung gefragt.
Zur Höhe einer möglichen Obergrenze sagte sie: „Ich finde, da macht es immer Sinn, sich die Erfahrungen aus anderen Ländern anzugucken, ob das 30 Prozent oder 40 Prozent dann am Ende sind.“ Die Bildungsministerin schränkte aber ein, dass es entscheidend sei, dass Kinder, wenn sie in die Schule kämen, Deutsch könnten.
Sie verwies darauf, dass die Koalition für die Einführung einer bundesweiten Pflicht für Sprach- und Entwicklungstests bei Vierjährigen eintritt. Sollten solche Tests einen Förderbedarf zeigen, erwarte man von den Ländern verpflichtende Fördermaßnahmen und -konzepte, heißt es im Koalitionsvertrag von Union und SPD. Schulleistungstests hatten in der Vergangenheit wachsende Defizite bei Grundschülern gezeigt.
„Wir haben nicht nur Probleme mit Kindern mit Migrationsgeschichte. Wir haben auch Probleme mit Kindern aus Familien, die schon immer hier waren“, sagte Prien. Das liege daran, dass sich das Erziehungsverhalten verändert habe. Sie forderte mehr Verantwortung der Eltern. „Bildung und Erziehung ist gleichermaßen Aufgabe von Eltern wie von Schule oder anderen Einrichtungen, etwa Kitas.“
Da Bildung und Kitas Ländersache sind, kann der Bund keine einheitlichen Regeln zum weiteren Vorgehen vorschreiben. Das gilt für die diskutierten möglichen Obergrenzen für Kinder mit Migrationshintergrund genauso wie für verbindliche Sprachtests. Umgesetzt werden kann das nur einzeln in den Ländern oder wenn diese sich auf ein gemeinsames Vorgehen verständigen.
Diese Tatsache kritisiert auch die parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Anja Reinalter. Im Gespräch mit dem „Tagesspiegel“ fordert die ehemalige Professorin für Soziale Arbeit: „Die Bundesregierung sollte sich auf Bereiche konzentrieren, wo sie tätig werden kann.“ Auch sonst sieht Reinalter den Vorschlag der Bildungsministerin kritisch: „Erstens stellt sich die Frage, ob eine Obergrenze mit dem Diskriminierungsverbot des Grundgesetzes vereinbar wäre. Zweitens stellen sich Dutzende Fragen zur Umsetzung.“

Die Frage nach der Umsetzung sieht auch der Chef des Lehrerverbands kritisch. In der „Bild“ nennt er die Debatte zwar „wichtig und richtig“ und erklärt: „Schüler müssen dem Unterricht auf Deutsch folgen können. Dazu braucht es Sprachtests und ausreichende Förderung für Kinder mit Bedarf. Wenn Schulen damit überlastet sind, haben wir ein großes Problem.“ Den konkreten Vorschlag der Ministerin hält er jedoch für bürokratisch und schwierig umzusetzen. Unter anderem warnt er davor, dass Kinder aus migrantischen Familien dadurch möglicherweise deutlich längere Schulwege bekommen könnten.
Auch Ulrich Kober, Experte für Integration bei der Bertelsmann Stiftung, sieht diesen Punkt kritisch: „In der Konsequenz dürften dann viele Kinder mit Migrationshintergrund nicht mehr in die wohnortnahe Schule gehen, sondern müssten mit Bussen in andere Stadtviertel gefahren werden. Das erscheint mir weder sinnvoll noch umsetzbar.“ Er plädiert hingegen dafür, dass Kinder mit Migrationshintergrund gezielt gefördert werden und Schulen mit größeren Herausforderungen mehr Geld und Personal bekommen.
Doch auch aus den Reihen der schwarz-roten Regierung kommt harsche Kritik. So erklärt die bildungspolitische Sprecherin der SPD, Jasmina Hostert, im Gespräch mit dem „Tagesspiegel“: „Die Einführung von ‚Migrationsquoten‘, Obergrenzen oder vergleichbare Modelle lehne ich kategorisch ab“, so Hostert. „Kinder sollen, ganz unabhängig von ihrem Hintergrund, Unterstützung in Schulen bekommen, dafür müssen wir sorgen“, fügt sie hinzu.