WHO-Bericht legt offen
HIV-Infektionen werden in Europa oft erst spät erkannt
01.12.2025 – 09:45 UhrLesedauer: 3 Min.
Die Zahl der HIV-Neuinfektionen steigt wieder. Viele Betroffene erfahren erst spät von ihrer Infektion. Dabei ist eine frühe Behandlung entscheidend.
Immer noch wird HIV zu oft zu spät erkannt. Das gefährdet nicht nur die Gesundheit der Betroffenen, sondern auch die Fortschritte im Kampf gegen Aids. Besonders erschreckend: In Europa wurde im Jahr 2024 mehr als jede zweite HIV-Infektion erst in einem späten Stadium festgestellt. Das geht aus einem aktuellen Bericht des EU-Zentrums für Krankheitskontrolle (ECDC) und der WHO Europa hervor.
Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Von den rund 106.000 HIV-Diagnosen, die 2024 in der gesamten WHO-Region Europa gestellt wurden, erfolgten 54 Prozent zu spät für eine optimale medizinische Behandlung. Auch im Europäischen Wirtschaftsraum – dazu zählen unter anderem Deutschland, Island und Norwegen – lag der Anteil der Spätdiagnosen bei 48 Prozent.
Das Problem: Wer spät diagnostiziert wird, hat schlechtere Chancen auf einen erfolgreichen Therapiebeginn. Außerdem steigt das Risiko, das Virus unbemerkt weiterzugeben. Das Ziel, Aids bis 2030 als Bedrohung für die öffentliche Gesundheit zu beenden, sei so nicht zu erreichen, warnt die WHO.
Laut einer aktuellen Schätzung des Robert Koch-Instituts (RKI) haben sich im Jahr 2024 etwa 2.300 Menschen in Deutschland mit dem HI-Virus infiziert – rund 200 mehr als im Jahr davor. Besonders betroffen sind Männer, die Sex mit Männern haben: In dieser Gruppe stieg die Zahl der Neuinfektionen von 1.200 auf 1.300. Auch bei Menschen, die Drogen injizieren, zeigen die Daten einen kontinuierlichen Anstieg, ebenso wie bei heterosexuell übertragenen Infektionen.
Insgesamt leben in Deutschland aktuell rund 97.700 Menschen mit HIV. Doch etwa 8.200 von ihnen wissen nichts von ihrer Infektion. Auch hier zeigt sich: Es braucht mehr niedrigschwellige, zielgruppenspezifische Testangebote, um die Dunkelziffer zu senken und Spätfolgen zu vermeiden.
Die gute Nachricht: Wer rechtzeitig behandelt wird, kann heute mit HIV gut leben. Rund 98 Prozent der diagnostizierten Menschen in Deutschland erhalten eine medikamentöse Therapie. Bei fast allen verläuft diese erfolgreich und sie sind nicht mehr ansteckend. Trotzdem wurde 2024 rund ein Drittel aller HIV-Fälle erst in einem fortgeschrittenen Krankheitsstadium diagnostiziert, bei jeder fünften sogar erst im Aids-Stadium.
Ein weiterer Grund zur Sorge: International droht der Kampf gegen HIV ins Stocken zu geraten. Fachgesellschaften wie die Deutsche STI-Gesellschaft (DSTIG) warnen vor Mittelkürzungen, insbesondere durch die USA, die bislang als größter Geldgeber galten. Auch Großbritannien und Deutschland haben ihre Beiträge reduziert.
Gemäß einem Bericht könnte das weltweit bis zu 3,9 Millionen zusätzliche Infektionen bis 2030 zur Folge haben. Schon jetzt ist in einigen Ländern die Versorgung mit Medikamenten oder Kondomen eingebrochen, etwa in Uganda, Burundi und Nigeria. Und auch die Zahl der Menschen mit Zugang zu lebenswichtigen Medikamenten geht dort deutlich zurück.











