Am Ostersonntag 1975 erschoss James U. Ruppert elf Familienmitglieder, darunter seine acht Neffen und Nichten. Was brachte den 41-Jährigen dazu?
„Es hat eine Schießerei gegeben.“ Diesen Satz sprach James Ruppert am 30. März 1975 ruhig in sein Telefon und alarmierte so die Polizei. Drei Stunden zuvor hatte er seine gesamte Familie erschossen. Als die Polizei eintraf, fanden sie die Leichen von James‘ Mutter Charity, seinem Bruder Leonard Jr., seiner Schwägerin Alma und seinen acht Neffen und Nichten. Was war im Haus der Familie Ruppert geschehen?
Ostern ist ein Fest für die Familie. So sollte es auch 1975 bei Familie Ruppert aus Ohio gefeiert werden. Daher reiste Leonard Ruppert Jr. mit seiner Frau und seinen acht Kindern nach Hamilton im US-Bundesstaat Ohio. Hier wollte die Familie mit Leonards Mutter und seinem jüngeren Bruder James feiern. Was als Familienfeier begann, endete im größten Blutbad eines Einzeltäters in der Geschichte Ohios.
James Ruppert hatte keine einfache Kindheit. Seine Mutter hatte sich als zweites Kind eine Tochter gewünscht. Das ließ sie den kleinen James auch regelmäßig wissen und spüren. Sein Vater Leonard Senior soll gewalttätig gewesen sein und nur wenig Liebe für seine Söhne übrig gehabt haben. Er starb an Tuberkulose, als James 12 Jahre alt war.
Fortan war James‘ Bruder, der zwei Jahre ältere Leonard Junior, der Mann im Haus. Doch auch der machte sich regelmäßig über den schmächtigen James lustig und schikanierte ihn. Mit 16 Jahren hatte James genug und rannte von zu Hause weg. Er wollte sich das Leben nehmen und sich mithilfe eines Bettlakens erhängen. Doch er scheiterte und kehrte nach Hause zurück.
In der Folge lief James‘ Leben weiterhin alles andere als rund. Er beendete das College ohne Abschluss und verdingte sich gelegentlich als Bauzeichner. Das bisschen Geld, das er hatte, verlor er 1973 beim Börsencrash. 1975 lebte er als 41-Jähriger bei seiner Mutter, war pleite, ohne Job und ohne Partnerin. Auch Freunde hatte er keine. Einige Tage vor Ostern drohte ihm seine Mutter mit dem Rauswurf.
Das Leben seines Bruders Leonard Jr. hätte gegensätzlicher nicht laufen können. Mit einem Abschluss in Elektrotechnik arbeitete er als Ingenieur. Er heiratete Alma, ausgerechnet James‘ Ex-Freundin; er soll sie ihm sogar ausgespannt haben. Mit ihr zog er acht Kinder in einem eigenen Haus in Fairfield, Ohio, groß.
Aufgrund seiner Erfahrungen in der Kindheit und der gegensätzlichen Entwicklung des Lebens der Brüder entwickelte James eine Wahnvorstellung. Er war davon überzeugt, dass ihm seine Mutter Charity und sein Bruder Leonard Jr. das Leben absichtlich zur Hölle machten. Ein Beispiel: James besaß einen alten VW, der immer wieder Macken hatte. Er war überzeugt davon, dass sein Bruder diesen regelmäßig sabotierte.
30. März 1975. Ostersonntag. James Ruppert hat keine Lust auf das Familienfest. Er macht sich rar, drückt sich herum, will der Familie aus dem Weg gehen. In ihm steigen Wut und Wahn immer weiter auf. Als ihn sein Bruder arglos auf den alten VW anspricht, läuft das Fass für ihn über. Er geht auf sein Zimmer und kehrt kurze Zeit später zurück. Bis an die Zähne bewaffnet.
Nacheinander erschießt er alle anwesenden Familienmitglieder: zunächst seinen Bruder, dann seine Schwägerin, seine Mutter und zuletzt seine acht Neffen und Nichten. Er geht auf Nummer sicher. Als alle am Boden liegen, schießt er in jeden Körper eine weitere Patrone. Nach fünf Minuten ist alles vorbei. James geht auf sein Zimmer, zieht sich um und ruht sich aus. Dann ruft er die Polizei.
Die Ermittler finden einen schrecklichen Tatort vor. Überall in dem kleinen Haus liegen Leichen. Der Vierjährige John Ruppert hält noch immer sein Schoko-Osterei in der Hand. Einige Polizisten berichten später, dass sie bei jedem Schritt aufpassen mussten, wohin sie traten. Im Keller tropft sogar Blut von der Decke. Die Spuren sollen noch heute sichtbar sein. Sofort wird James festgenommen. Er gesteht die Tat noch vor Ort.
Das Gerichtsverfahren sollte lange dauern, mehrfach ausgesetzt und wieder aufgerollt werden. James plädiert aufgrund seiner Wahnvorstellungen auf „vermindert schuldfähig“. Die Anklage legt Widerspruch ein.