Ein Mann beweist auf dem Heimweg vom Oktoberfest Zivilcourage und rettet einer jungen Frau das Leben. Drei Jahre nach dem Vorfall wird er für seine Heldentat ausgezeichnet.
Joerg Kuebelsbeck ist im Oktober 2021 nach einem Abend im Festzelt auf dem Heimweg vom Oktoberfest, als er kurz vor dem U-Bahnhof Schwanthalerhöhe eine Frau am Boden liegen sieht. Nun ist ein solcher Anblick im Umfeld der Wiesn, die Kritiker gerne als „größtes Besäufnis der Welt“ bezeichnen, kein seltener Anblick. Und das ist wohl auch der Grund, weshalb die vorbeiströmenden Menschen die darniederliegende Frau ignorieren – nicht ahnend, dass sie gerade um ihr Leben ringt.
Nicht so jedoch Joerg Kuebelsbeck. „Ich bin zu ihr hingegangen und habe gehört, wie sie geröchelt hat“, erzählt der heute 48-Jährige. „Da war mir klar, dass sie nicht betrunken ist, sondern etwas Ernstes hat.“ Kuebelsbeck reagiert daraufhin sofort: Er bringt die Frau in Seitenlage, überstreckt ihren Kopf und entdeckt dabei, „dass ihre Zunge nach innen geschlagen war“.
Und so zieht er die Zunge kurzerhand mit den Fingern heraus, worauf die 27-Jährige zu weinen beginnt. „Aber das war ein gutes Weinen“, sagt der Luftverkehrskaufmann. „Weil es ein Zeichen dafür war, dass sie wieder Luft bekommt.“
Für seinen lebensrettenden Einsatz an jenem Oktoberfestabend vor drei Jahren hat Kuebelsbeck nun den Wiesn-Courage-Preis des Vereins Condrobs erhalten. „Er hat Zivilcourage gezeigt, während Hunderte an der Frau vorbeigegangen sind“, betont Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter, der als Schirmherr der Aktion die Auszeichnung überreicht. „Ich hoffe, dass dieser Preis den einen oder anderen ermuntert, künftig einzugreifen und nicht wegzuschauen. Denn das Thema Zivilcourage ist wichtig – nicht nur auf der Wiesn.“
Aus diesem Grund verleiht der Verein Condrobs bereits seit Jahren einen Preis für „Hilfe in brenzligen Situationen oder Eintreten für Anstand und friedliches Miteinander“. Die Auszeichnung ist Teil des Präventionsprojekts „Wiesn-Gentleman“, bei dem Condrobs-Mitarbeitende täglich auf dem Esperantoplatz Oktoberfest-Besucher für einen fairen und respektvollen Umgang sensibilisieren.
Überdies sind an Wochenenden und Feiertagen die Streetworkerinnen des Vereins im Umfeld der Theresienwiese unterwegs, um vor allem Jugendlichen in Notsituationen zu helfen. Oder wie es Condrobs-Vorstand Frederik Kronthaler bei der Preisverleihung formuliert: „Sie bringen junge Besoffene sicher nach Hause.“
In manchen Fällen ist jedoch nicht der Alkohol das Problem – so wie bei der jungen Frau, die Joerg Kuebelsbeck aus ihrer lebensbedrohlichen Situation rettete. „Für mich ist es eine Selbstverständlichkeit, dass man anderen hilft“, sagt der Geehrte, den eine Jury unter zahlreichen Einsendungen zum Preisträger kürte. „Ich empfinde das als menschliche Pflicht.“
Zu der heute 30-Jährigen, der er damals durch sein schnelles Eingreifen half, habe er immer noch Kontakt, sagt er. „Wir treffen uns jedes Jahr am zweiten Montag des Oktoberfests und gehen gemeinsam auf die Wiesn.“