Migration
Kurswechsel in der Migrationspolitik ist noch ungewiss
Aktualisiert am 10.04.2025 – 13:41 UhrLesedauer: 4 Min.
Merz hat spürbare Änderungen bei der Regelung von Einwanderung und Asyl versprochen. Ob es dazu kommt, wird sich aber frühestens in einigen Monaten erweisen. CDU und CSU zeigen sich optimistisch.
Politiker von CDU und CSU sind ungeachtet möglicher rechtlicher und praktischer Hürden optimistisch, dass der von ihnen angekündigte Kurswechsel in der Migrationspolitik gelingen wird. Der von Union und SPD ausgehandelte Koalitionsvertrag sei eine „verlässliche Grundlage“, um die Zahl der Asylsuchenden kurzfristig weiter zu reduzieren, sagt Bayerns Innenminister, Joachim Herrmann (CSU).
Unionsfraktionsgeschäftsführer Thorsten Frei versprach für die Zukunft regelmäßige Abschiebeflüge nach Afghanistan und Syrien. „Darauf können sich die Deutschen verlassen“, sagte der CDU-Politiker der „Bild“-Zeitung. Migrantenverbände zeigten sich indes zufrieden, dass einige von der Union geforderte Änderungen im Staatsangehörigkeitsrecht nun doch nicht kommen.
Im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD heißt es: „Wir werden in Abstimmung mit unseren europäischen Nachbarn Zurückweisungen an den gemeinsamen Grenzen auch bei Asylgesuchen vornehmen.“ Neue freiwillige Bundesaufnahmeprogramme wird es nicht geben. Mindestens zwei Jahre lang soll es keinen Familiennachzug zu Menschen mit eingeschränktem Schutzstatus geben.
Um Herkunftsländer von Ausreisepflichtigen um mehr Zusammenarbeit bei der Rücknahme ihrer Staatsbürger zu bewegen, soll notfalls Druck ausgeübt werden – etwa über die Entwicklungszusammenarbeit, die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen und die Visa-Politik. Die von der Union als „Turbo-Einbürgerung“ geschmähte Einbürgerung von besonders gut integrierten Ausländern bereits nach drei Jahren soll es demnächst nicht mehr geben.
Das Vorhaben, künftig auch Asylsuchende, gegen die keine Einreisesperre vorliegt, an deutschen Grenzen zurückzuweisen, stößt auch in Nachbarländern auf Skepsis. Dass der Vorbehalt, dies „in Abstimmung“ mit den Nachbarn zu machen, den Plan bremsen könnte, weist Herrmann zurück. Zum einen dürfe nun einmal jeder Staat an seinen Grenzen entscheiden, wer einreisen dürfe und wer nicht. Vor allem aber wollten ja auch die anderen EU-Länder eine Reduzierung der Flüchtlingszahlen. Er glaubt: „Da wird es überhaupt kein Problem geben.“
Merz selbst hatte am Abend nach der Vorstellung des Koalitionsvertrages bei „RTL Direkt“ gesagt: „Wir werden das in Abstimmung mit unseren europäischen Nachbarn machen. Und diese Abstimmung läuft.“ Ob das bedeute, dass künftig alle Asylsuchenden an den Grenzen abgelehnt werden, wollte er nicht sagen.
Im vergangenen Jahr hatten 229.751 Menschen erstmals in Deutschland einen Asylantrag gestellt. Das waren rund 100.000 Asylerstanträge weniger als im Jahr zuvor.
Auf EU-Ebene wird aktuell über einen Punkt diskutiert, der womöglich in der bereits vereinbarten Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) noch verschärft werden könnte. Konkret geht es darum, ob das sogenannte Verbindungselement aus dem Konzept des sicheren Drittstaats gestrichen wird. Vor allem die Grünen hatten das abgelehnt.
Bisher dürfen Asylsuchende laut GEAS-Reform nur in Drittstaaten geschickt werden, zu denen sie eine persönliche Verbindung haben – etwa weil sie früher einmal dort gelebt haben. Im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD steht jetzt, Deutschland werde auf europäischer Ebene nun eine Initiative zur Streichung des „Verbindungselements“ ergreifen. Allerdings hat sich bislang noch kein Staat gefunden, der bereit wäre, im großen Stil Asylbewerber aus Europa aufzunehmen.
Dass Ausreisepflichtige Deutschland verlassen, wollte erklärtermaßen auch die Ampel-Koalition. Tatsächlich stieg die Zahl der Abschiebungen in den vergangenen zwei Jahren. 2024 gab es laut Bundesinnenministerium 20.084 Rückführungen, nach 16.430 Abschiebungen im Jahr zuvor. Das Niveau der Jahre vor der Corona-Pandemie wurde jedoch auch 2024 nicht erreicht.