Überraschung bei Prozess in Graz
Kind bohrt Patienten-Schädel auf – Urteil
10.12.2025 – 13:44 UhrLesedauer: 2 Min.
Eine Zwölfjährige darf im OP zum Spezialwerkzeug greifen. Es ist die Tochter der Oberärztin – und sie hilft, einem Patienten den Schädel aufzubohren. Jetzt entschied ein Gericht, ob das strafbar ist.
In Graz ist das Urteil im Prozess gegen eine Oberärztin und einen Chirurgen gefallen: Die Erwachsenen hatten einem Kind erlaubt, dabei zu helfen, einem Patienten ein Loch in den Schädel zu bohren. Für die Staatsanwaltschaft war das Körperverletzung – zumal der Patient bis heute über Schmerzen klagt. Das Gericht sah dies nun anders: Es sprach die beiden Angeklagten am Mittwoch frei.
Österreichische Medien sprechen von einem „Knalleffekt“. Der Prozess hatte für große Aufmerksamkeit gesorgt. Im Oktober begann die Verhandlung, jetzt wurde sie fortgesetzt.
In dem Fall geht es um einen am 13. Januar 2024 verunglückten Patienten. Dem 33-Jährigen war bei einem schweren Forstunfall ein umstürzender Baum auf den Kopf gefallen, ein Rettungshubschrauber flog ihn ins Universitätsklinikum Graz. Dort musste der Mann notoperiert werden.
Im Krankenhaus lernte die zwölfjährige Tochter der Oberärztin zu diesem Zeitpunkt gerade Englischvokabeln im Dienstzimmer. Als die Nachricht vom Patienten mit schwerem Schädel-Hirn-Trauma kam, wollte die chirurgisch interessierte Tochter laut ihrer Mutter unbedingt in den Operationssaal mitkommen. „Ich hab‘ mich dann auf keine langen Diskussionen eingelassen, sondern mich hinreißen lassen, zu sagen: ‚Ja, dann kommst halt mit'“, erklärte die Neurochirurgin im Prozess.
Die Operation sei gut verlaufen, das Leben des Patienten konnte gerettet werden, sagte die Ärztin weiter aus. Zum Abschluss sei mit dem Einsatz einer Sonde zur Messung des Hirndrucks nur noch ein kleiner Eingriff zu erledigen gewesen. Das habe die Oberärztin einem jungen Kollegen überlassen.
Als das Kind dabei helfen wollte, soll die Mutter „warum nicht“ gesagt haben. Vor Gericht sagte der ausführende Arzt, das Mädchen habe seine Hand auf den von ihm geführten Spezialbohrer legen dürfen. Die Kontrolle habe er aber selbst gehabt.
Der Patient von damals kam im Prozess ebenfalls zu Wort. Er berichtete von psychischen Problemen: „Ich denke immer wieder daran, dass mich eine Zwölfjährige operiert hat“, erklärte der Steirer. Er sei seit dem Forstunfall arbeitsunfähig, nehme starke Medikamente und leide unter Kopfschmerzen und Schlafstörungen. Wäre er gefragt worden, ob eine Zwölfjährige bei so einer Operation mit Hand anlegen darf, hätte er nie zugestimmt.
Trotzdem sprach die Richterin die beiden Angeklagten am Mittwoch frei. Das Urteil fiel aus Mangel an Beweisen. Die Richterin in ihrer Begründung: „Es geht nicht darum, was ich glaube. Und dass ich das alles, salopp formuliert, als Wahnsinn empfinde.“
Es habe aber nicht bewiesen werden können, dass das Mädchen alleine gebohrt oder Druck ausgeübt hat. Dieser Beweis sei aber für eine strafrechtliche Verurteilung nötig gewesen.












