Friedrich Merz hat Olaf Scholz indirekt vorgeworfen, nur Berufspolitiker zu ein. Er verweist auf seine eigene berufliche Laufbahn.
Der Kanzlerkandidat der Union, Friedrich Merz, schießt sich auch persönlich auf Bundeskanzler Olaf Scholz ein. Nicht nur bei Sachthemen will Merz punkten, sondern auch was die unterschiedlichen Lebensläufe der beiden Spitzenpolitiker angeht. In einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ hat der CDU-Chef dies jetzt konkretisiert. „Ich habe mein Leben anders gestaltet als Herr Scholz. Ich habe mich nicht nach einer kurzen Zeit im Beruf entschieden, auf Dauer und allein Berufspolitiker zu sein“, sagte Merz. Sollte Scholz ihm vorwerfen, keinerlei Regierungserfahrung zu besitzen, würde ihm Merz nach eigener Aussage antworten: „Okay, und die Erfahrung mit Ihnen, Herr Scholz, möchte wohl ein großer Teil der Bevölkerung nicht länger machen.“
Merz hebt seine Erfahrungen in der Wirtschaft hervor. „Ich hatte bisher ein langes politisches Leben, ich habe auch ein langes berufliches Leben gehabt. Ich habe nie ‚Lobby‘-Arbeit gemacht. Ich habe für zwei große amerikanische Firmen in Deutschland gearbeitet und hatte viel mit Unternehmen aus dem Mittelstand zu tun. Wer immer nur in der Politik war, dem fehlt dieser Teil der Lebenserfahrung.“
Merz, studierter Jurist, hatte 1985 sein zweites Staatsexamen abgelegt und 1986 bis 1989 als Referent beim Verband der Chemischen Industrie Frankfurt/Bonn gearbeitet. Von 2005 bis 2014 war er Partner der internationalen Anwaltskanzlei Mayer Brown LLP und von 2014 bis 2021 Senior Counsel bei Mayer Brown LLP. Er gehörte auch mehreren Aufsichtsräten an. Er arbeitete auch bei der amerikanischen Vermögensberatung Blackrock. Diese Tätigkeit wurde auch als Lobbyismus kritisiert.
Bundeskanzler Olaf Scholz ist ebenfalls Jurist, ist als Rechtsanwalt zugelassen (darf als Kanzler aber diesen Beruf in seiner Amtszeit nicht ausführen), war als Fachanwalt für Arbeitsrecht tätig und ähnlich wie Merz von 1990 bis 1998 auch als Syndikus beim Zentralverband deutscher Konsumgenossenschaften tätig. Im Jahr 2000 wurde er erstmals Vorsitzender der SPD Hamburg.
Druck auf Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kommt aber auch aus der eigenen Partei. Nach Worten des rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Alexander Schweitzer (SPD) müsse der Regierungschef jetzt mehr Führung zeigen. Schweitzer sagte der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Samstag): „Mit Blick auf die nächste Bundestagswahl bricht nun eine Zeit heran, in der die Erwartungen an Olaf Scholz andere sind.“ Schweitzer ergänzte, er sei überzeugt davon, dass viele Menschen in Deutschland Scholz als Kanzler behalten wollten. „Die wünschen sich jetzt, dass er von vorn führt, klare Positionen auch gegen Widerstände vertritt und erklärt und kämpferisch auftritt.“ Dass Scholz dies könne, habe er schon oft unter Beweis gestellt, nicht zuletzt im Bundestag in der Auseinandersetzung mit Unionsfraktionschef Friedrich Merz. „Einen solchen Olaf Scholz wünsche ich mir noch viel öfter.“
Das Scholz Hauptgegner von Merz im kommenden Bundestagswahlkampf sein wird, scheint gesetzt. Aus Sicht von SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert wird der Kanzler mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit die Sozialdemokraten in die Bundestagswahl 2025 führen. „Dafür spricht so ziemlich alles“, sagte Kühnert dem „Spiegel“ auf die Frage, ob Scholz als Kanzlerkandidat gesetzt sei. Zu 100 Prozent geklärt sei dies in dem Moment, in dem der Parteivorstand ihn als Kandidaten nominiert und der Parteitag ihn bestätigt habe. „Aber ich taktiere da nicht. Wir stellen den Bundeskanzler und wollen mit ihm erneut gewinnen“, betonte Kühnert.