Israel darf am Eurovision Song Contest 2026 teilnehmen – andere Länder boykottieren daraufhin den Wettbewerb. Dieses Niveau politischer Eskalation hat der ESC noch nicht erlebt.
Seit dem Jahr 1956 konnte sich Europa auf eine Konstante immer verlassen: Auch wenn internationale Konflikte die Teilnehmerländer entzweien – beim alljährlichen Eurovision Song Contest (ESC) kamen alle zusammen. Jedenfalls war das immer das große Versprechen des größten Musikwettbewerbs der Erde. Die einzige Ausnahme bildete der Ausschluss von Russland und Belarus nach deren Angriff auf die Ukraine.
Dieses Versprechen hat die veranstaltende Europäische Rundfunkunion (EBU) in diesem Jahr gebrochen. Eine Mehrheit von Delegierten auf der Generalversammlung der EBU stimmte für eine umfassende Regeländerung im Abstimmungsverfahren des Wettbewerbs – und damit gegen eine Abstimmung darüber, ob Israel am ESC teilnehmen darf. Acht Länder hatten eine separate Wahl über Israels Teilnahme gefordert, wurden aber offenbar überstimmt.
Israel darf also am ESC 2026 teilnehmen. Die Folge muss den Delegierten klar gewesen sein. Mehrere Länder, darunter die ESC-Schwergewichte Spanien, Irland und die Niederlande, reagierten sofort – und kündigten an, sich aus Protest gegen das israelische Vorgehen im Gazastreifen sowie den Umgang mit den Palästinensern vom Musikwettbewerb zurückzuziehen.
Damit ist der Eurovision Song Contest in seiner bisherigen Form Geschichte. Um es drastischer auszudrücken: Der ESC ist tot. Die EBU selbst hat dem größten musikalischen TV-Happening der Welt den Stecker gezogen.
Mit der Entscheidung, Israel beim Wettbewerb in Wien antreten zu lassen, bleibt die EBU ihrer ganz eigenen Logik treu: Politisch darf der ESC einerseits nicht sein, er ist es aber immer. Ob während des Falklandkrieges, dem Auseinanderbrechen Jugoslawiens, der russischen Annexion der Krim oder dem aserbaidschanischen Angriff auf Armenien: jedes Mal versuchte die EBU, die Realität auszublenden.
Im Jahr 2026 wird das nicht mehr gelingen. Erstmals verweigern gleich mehrere Länder die Teilnahme – nicht aus mangelndem Interesse, sondern aus Protest. Dieses Niveau politischer Eskalation hat der ESC noch nicht erlebt.
Die Veranstalterin hingegen ist zufrieden: Die Abstimmung habe „Vertrauen, Transparenz und Neutralität“ des ESC wiederhergestellt, erklärte EBU-Präsidentin Delphine Ernotte anschließend in einer Mitteilung.
Mit der Entscheidung wolle die Rundfunkunion allen Staaten, die am ESC teilnehmen wollen, die „Tür offen halten“ und so den Wettbewerb retten. Genau die von ihr beschriebenen Prinzipien – Vertrauen, Transparenz und Neutralität – beschädigt die EBU aber durch ihre jetzige Entscheidung. Sie hält ihre eigenen Regeln nicht ein.











