Box-Legende Mike Tyson kehrt mit 58 Jahren in den Ring zurück. Im exklusiven Interview erklärt „Iron Mike“, warum – und macht ein überraschendes Geständnis.
In der Nacht zu Samstag deutscher Zeit ist es so weit. Dann wird AT&T Stadium von Arlington im US-Bundesstaat Texas das Box-Highlight des Jahres ausgetragen. Kein Titelkampf im Schwergewicht, kein Duell zwischen aktuellen Größen des Sports – sondern das Comeback einer Legende: Mike Tyson steigt wieder in den Ring. Der frühere Weltmeister im Schwergewicht hatte seine große Karriere eigentlich bereits 2005 beendet, stand einzig 2020 noch einmal für einen Showkampf mit dem ehemaligen Titelträger Roy Jones Jr. zwischen den Seilen.
Nun aber soll es für den mittlerweile 58-Jährigen sportlich noch mal um alles gehen: Sein Gegner ist der fast 32 Jahre jüngere Jake Paul, ein Youtuber und Schauspieler, der sich seit einigen Jahren auch als Boxer einen Namen macht. Der Kampf ist festgesetzt auf acht Runden à zwei Minuten statt der üblichen zwölf jeweils drei Minuten langen Runden – und soll unter professionellen Bedingungen stattfinden. Der Kampf wird auch in Deutschland vom Streamingdienst Netflix übertragen (mehr dazu lesen Sie hier).
t-online hat davor mit dem einstmals „Baddest Man on the Planet“ gesprochen – exklusiv als einziges deutsches Medium. Im Interview erklärt Mike Tyson seine Beweggründe, äußert sich zu seinem „unsportlichen“ Gegner – und verrät, was ihn zum Weinen brachte.
t-online: Mike Tyson, bei unserem letzten Interview vor sechs Jahren waren Sie gerade mit einer Bühnenshow auf Tour in Europa. Hätten Sie sich damals vorstellen können, jemals wieder zu einem richtigen Kampf in den Ring zu steigen?
Mike Tyson: Um Gottes willen, nein. Nein, nein, nein.
Ich sage gerne: Ich hatte ein spirituelles Erwachen. Ich habe eine neue Perspektive darauf, wer ich war, wer ich bin und was ich zu leisten imstande bin.
Das treibt Sie also an? Der Gedanke, es allen noch mal zu zeigen?
Absolut. Ich freue mich sehr auf den Fight und kann es kaum erwarten, wieder in den Ring zu steigen.
Sie kämpfen in der Nacht zum 16. November deutscher Zeit gegen Jake Paul, einen Youtuber, der zum Boxer geworden ist. Zu Ihrer aktiven Zeit wäre das undenkbar gewesen …
Der Sport hat sich in den letzten Jahren drastisch verändert, auch die Unterhaltungsindustrie ist parallel dazu eine andere geworden. Der Fokus hat sich verändert, beides verschmilzt immer mehr. Nur deshalb ist so ein Event heute möglich. Und wenn auch Kämpfer aus der UFC (der populären Mixed-Martial-Arts-Organisation Ultimate Fighting Championship, Anm. d. Red.) ins Boxen wechseln, warum sollen das nicht auch Persönlichkeiten aus anderen Bereichen schaffen? Der Markt ist offen für alle, und das ist doch toll fürs Geschäft.
Sie denken dabei sicher beispielsweise an den MMA-Star Francis Ngannou, der sich auch im Boxen versucht hat. Ihr Duell mit Paul wird nun mit Spannung erwartet. Was macht diese Faszination aus?
Sie dürfen nicht vergessen: Gegen wen kämpft er denn jetzt? Gegen Mike Tyson. Er braucht einen großen Namen wie mich, um ernst genommen zu werden – und nur so hat es dieser Fight auch geschafft, dass 80.000 Zuschauer ins Stadion kommen.
Gab es in der Vorbereitung auf den Kampf aber nicht mal einen Moment, in dem Sie Ihre Entscheidung infrage gestellt haben?
Ganz ehrlich: Die ganze Zeit, ab dem Moment, als ich wieder voll ins Training eingestiegen bin. Als es losging, dachte ich nur: Oh Gott …
Alles tat weh, ich weinte vor Schmerzen. Nicht mal meine Frau durfte mich anfassen, so schlimm war es. Das war ein schwerer Prozess, den ich da durchgemacht habe – und wirklich kein Spaß. Du möchtest ja auch nicht, dass dich deine Familie so sieht. Für die war es auch nicht einfach. Aber da musste ich durch – und habe es geschafft.