TV-Duell
In einem Flieger und Boot – Scholz und Merz beim TV-Duell
Aktualisiert am 19.02.2025 – 21:22 UhrLesedauer: 4 Min.
Es ist das zweite TV-Duell von Olaf Scholz und Friedrich Merz vor der Bundestagswahl. Wieder geht es viel um Migration und Wirtschaft. Aber auch Persönliches fragt das Moderatorenteam ab.
Geht da vielleicht doch etwas? Ein gewisses Vertrauen scheinen SPD-Kanzler Olaf Scholz und CDU/CSU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz zueinander zu haben. Beim TV-Duell von „Welt“ und „Bild“ beantwortete Scholz die Frage, ob er zu Hobbypilot und Flugzeugbesitzer Merz in die Maschine steigen würde, klar mit „ja“. Und schob hinterher: „Ich nehme an, er hat den Pilotenschein zu Recht.“ Und Merz würde ihn auch mitnehmen – wobei: „Es kommt darauf an von wo nach wo.“ Von Berlin aus nach Hause schon.
Das passte ins Bild, denn der CDU-Vorsitzende will den SPD-Kanzler bei der Bundestagswahl am Sonntag nach Hause schicken, wie er gleich zu Beginn des am Nachmittag aufgezeichneten und am Abend zur Primetime gesendeten Duells deutlich machte. „Herr Bundeskanzler, da wird jetzt kein Wunder mehr passieren über die nächsten vier Tage“, sagte Merz mit Blick auf die Meinungsumfragen, in denen die Union weit vor der SPD liegt. „Ihre Kanzlerschaft dürfte am Sonntag beendet sein.“
Dass auch umgekehrt zumindest ein Mindestmaß an Vertrauen da ist, bewies Merz, als er die Frage bejahte, ob er zu Scholz ins Ruderboot steigen würde. „Und da ich ganz gut schwimmen kann, auch ohne Schwimmweste.“ Auch hier ging es aber nicht ohne eine kleine Spitze. „Ich bin in der Regel Schlagmann, wenn ich zu zweit rudere. Das finde ich ziemlich gut“, so der Kanzler. Soll heißen: Scholz gibt den Takt vor – was er auch nach dem Sonntag im Kanzleramt weiter machen möchte.
Das Moderatorenteam – „Bild“-Chefredakteurin Marion Horn und „Welt“-Chefredakteur Jan Philipp Burgard – fragte jedoch nicht nur weiche Themen ab. Dabei wurden einmal mehr die Unterschiede zwischen Amtsinhaber und Herausforderer deutlich. Beispiel: Was tun, um die kränkelnde deutsche Wirtschaft wieder auf Wachstumskurs zu bringen?
Scholz nannte den „Made-in-Germany-Bonus“ der SPD, eine Investitionsprämie für Unternehmen und eine Reform der Schuldenbremse. Merz konterte: „Das ist das alte Lied der Sozialdemokraten: höhere Steuern, höhere Staatsverschuldung, höhere Staatsausgaben.“ Das könne nicht die Lösung sein. Energiepreise runter, Steuern runter, harter Rückbau der Bürokratie – das sei die Lösung.
Steuern runter? Da wurde Scholz angriffslustig: „Herr Merz möchte Leuten, die so viel verdienen wie er und ich, oder noch viel mehr, 20 Milliarden Euro Steuersenkung schenken – 85.000 für einen Dax-Vorstand, 10 Euro pro Monat für eine Verkäuferin. Das ist nicht in Ordnung.“
Nicht eindeutig wurde Merz bei der Frage an die Kandidaten, ob sie eine Mehrwertsteuererhöhung ausschließen. Scholz bejahte dies klar. Merz antwortete: „Ich möchte die Mehrwertsteuer nicht erhöhen.“ Auf die Bemerkung der Moderatoren, er schließe eine Erhöhung also nicht aus, sagte er: „Wir werden doch möglicherweise auch Koalitionsverhandlungen zu führen haben.“ Er halte eine Erhöhung persönlich aber für den falschen Weg.
Die Mehrwertsteuer ist häufig ein wichtiges Thema in Bundestagswahlkämpfen. Scholz warnte, ein „Desaster“ wie im Wahlkampf 2005 dürfe sich nicht wiederholen. Damals hatte die Union angekündigt, die Mehrwertsteuer um zwei Prozentpunkte anheben zu wollen. Die SPD lief dagegen Sturm. Die große Koalition aus genau diesen beiden Partnern beschloss kurz darauf dann sogar eine Erhöhung um drei Prozentpunkte.
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Näher beieinander lagen der SPD- und der CDU-Mann beim Bürgergeld. Beide forderten härtere Sanktionen für arbeitsunwillige Bezieher dieser staatlichen Leistung. „Es gibt auch jetzt schon Leistungskürzungen, aber sie sind zu verschärfen“, sagte Scholz. Merz betonte, man müsse einem Menschen, der arbeiten könne, aber nicht wolle, sagen, „dass der Staat nicht bereit ist, das länger zu akzeptieren“.
Umstritten war allerdings der Weg. Scholz schlug vor, Betroffenen öffentlich geförderte Jobangebote zu machen, um klar nachweisen zu können, „dass jemand offenbar sich drückt“.
Merz lehnte dieses Modell ab. „Geben Sie mir die Antwort, warum das sein muss, wenn wir 700.000 offene Stellen haben, die nicht besetzt werden können. Warum müssen Sie dann immer wieder über öffentliche Förderung reden und noch mehr Geld ausgeben für dieses verkorkste System?“ Antwort Scholz: Kein Handwerksmeister werde dem Staat die Aufgabe abnehmen, den Nachweis zu führen, dass sich jemand davor drückt, einen Job anzunehmen.