„Bemerkenswerter Meilenstein“
Forscher züchten Mäuse mit Mammut-Genen
Aktualisiert am 04.03.2025 – 15:35 UhrLesedauer: 3 Min.
Eine US-Firma hat es sich zum Ziel gesetzt, ausgestorbene Arten wiederzubeleben. Jetzt haben die Wissenschaftler gentechnisch veränderte Mäuse generiert.
Die US-Biotechfirma Collosal hat es eigenen Angaben zufolge geschafft, das ausgestorbene Wollmammut zumindest zu einem Teil wieder zurück zu den Lebenden zu holen: Wissenschaftler des Unternehmens haben Mäuse mit Mammutgenen erzeugt – sodass den Nagern nun ein Fell wächst, das demjenigen der ausgestorbenen Elefantenverwandten entspricht.
Die Forscher berichten in einem noch nicht von Kollegen begutachteten Preprint von ihrem mutmaßlichen Erfolg. Collosal hat demnach anhand eines Datensatzes von 121 Mammut- und Elefantengenomen Gene identifiziert, die entscheidend für Haarlänge, -dicke, -textur und -farbe sowie den Fettstoffwechsel sind. Mittels unterschiedlicher Geneditierungsverfahren veränderten die Forscher bis zu sieben Mäuse-Gene in befruchteten Eizellen und embryonalen Stammzellen gleichzeitig in Richtung Mammutgenetik. Die so entstandenen Mäuse würden überraschend übertriebene Haarphänotypen wie lockiges, strukturiertes Fell und goldbraunes Haar aufweisen, hieß es.
Die goldene Fellfarbe erreichten die Wissenschaftler beispielsweise dadurch, dass sie das Gen MC1R veränderten, das für die Produktion des Farbpigments Melanin zuständig ist. Eine Modifikation des Gens FGF5 sorgt dafür, dass die Haare der Tiere dreimal länger werden als üblich.

Colossal-Mitgründer und Harvard-Forscher George Church erklärte in einer Mitteilung des Unternehmens, die durch Genmanipulation entstandenen Tiere würden die bemerkenswerten Fortschritte auf dem Gebiet der Genom-Editierung veranschaulichen. Längerfristiges Ziel von Colossal Biosciences ist es, einen kälteresistenten Elefanten zu erschaffen, der wie ein Mammut aussieht und sich möglichst auch ähnlich verhält.
An der Studie nicht beteiligte Wissenschaftler bewerteten die Ergebnisse unterschiedlich. Mehrere mit dem Haarwachstum zusammenhängende Gene gleichzeitig so zu verändern, dass sie mit dem Erbgut einer anderen Art kompatibel seien, sei ein „bemerkenswerter Meilenstein“, erklärte der Stammzellforscher Dusko Ilic vom King’s College London. Saad Arif von der Oxford Brookes University hob hervor, dass die Forschung zeige, wie effizient und schnell mehrere Gene gleichzeitig verändert werden können.
Die Evolutionsbiologin Louise Johnson von der University of Reading lobte unterdessen die Möglichkeit, durch genetische Veränderungen an Mäusen Rückschlüsse auf die genetischen Mechanismen ausgestorbener Arten zu ziehen. Die genveränderten Mäuse zu sehen, sei ein „bisschen wie ein Blick zurück in die Vergangenheit, aber mit einem hochselektiven Teleskop“. Die Technologie biete die aufregende Gelegenheit, einige Ideen über ausgestorbene Organismen zu überprüfen.
Denis Headon von der University of Edinburgh bezeichnete die Forschung als Fortschritt für das Verständnis der genetischen Unterschiede zwischen Arten. Auch wenn es noch kein großer Schritt in Richtung „De-Extinktion“ sei, könnten ähnliche Methoden in der Tierzucht Anwendung finden.
Konrad Fischer, Leiter des Forschungsbereichs für Xenotransplantation der Technischen Universität München, sprach ebenfalls von einem vielversprechenden Forschungsansatz, der besonders für die Nutztierzüchtung im Allgemeinen von Interesse sei. Fischer verwies auf bisherige Anwendungen der Genschere CRISPR/Cas9, die in den USA, Japan oder Südamerika in der Landwirtschaft zugelassen sind: etwa hornlose Rinder, krankheitsresistente Schweine, Schafe mit erhöhter Muskelmasse und hitzeresistente Tiere. Die erfolgreiche gleichzeitige Modifikation mehrerer Gene zeige nun das „Potenzial für eine präzisere genetische Anpassung von Nutztieren an verschiedene Umweltbedingungen“.
Allerdings betont Fischer, dass das erklärte Ziel der US-Forscher, Mammuts auf die Erde zurückzuholen, noch weit entfernt sei: „Während bestimmte Merkmale ausgestorbener Arten in lebende Verwandte integriert werden können, ist die vollständige Wiederherstellung einer Art weitaus komplexer“, hielt er fest.
Ein großes Hindernis sei die Qualität und Vollständigkeit des genetischen Materials. Die genetischen Überreste vieler ausgestorbener Tiere seien stark fragmentiert. Diese Lücken könnten zwar durch den Vergleich mit nah verwandten Arten teilweise geschlossen werden, doch bleibe dies eine Annäherung, keine vollständige Rekonstruktion: „Kleine Fehler oder unvollständige Abschnitte können dazu führen, dass das Genom nicht korrekt funktioniert oder bestimmte biologische Prozesse gestört sind.“