SPD-Generalsekretär zum AfD-Umgang
„Merz ist dabei, sein Wort zu brechen“
Aktualisiert am 25.01.2025 – 15:13 UhrLesedauer: 5 Min.
Der CDU-Kanzlerkandidat will nach der Tat von Aschaffenburg hart durchgreifen – egal mit wem. Das sorgt vor der Bundestagswahl für Aufregung.
Kanzlerkandidat Friedrich Merz hat bei der „Bild“ abermals betont, dass er nicht mit der AfD zusammenarbeiten möchte. An dieses Versprechen hat er auch seine politische Zukunft geknüpft. Nach dem tödlichen Angriff in Aschaffenburg plant Merz jedoch schärfere Maßnahmen in der Migrationspolitik und beabsichtigt, diese einzubringen, „unabhängig davon, wer ihnen zustimmt“. Deshalb zweifeln SPD und Grüne an der Verlässlichkeit des Unionskandidaten, die Brandmauer zur AfD aufrechtzuerhalten.
Nun sucht Merz bei seinen Plänen eine Einigung mit SPD, Grünen und FDP. Die Union werde heute die Bundestagsanträge fertigstellen und vorab nur diesen drei Parteien zur Verfügung stellen, sagte er der „Heilbronner Stimme“-Mediengruppe. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass SPD, Grüne und FDP jetzt nichts unternehmen wollen, um die Sicherheitslage in Deutschland zu verbessern“, sagt Merz der „Bild“.
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Die AfD würde die Anträge nicht bekommen, weil er weder mit der Rechtsaußen-Partei noch mit dem BSW verhandle, sagte Merz. „Es bekommen die ehemaligen Ampel-Fraktionen die Texte von uns, mit der ausdrücklichen Bitte, darüber über das Wochenende zu sprechen und den Versuch zu unternehmen, in der nächsten Woche hier eine gemeinsame Entscheidung zu treffen.“
Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur aus Unionskreisen sind zunächst zwei Anträge in Vorbereitung: einer zu allgemeinen Positionen der Union in der Migrationspolitik und ein weiterer zu einem Fünf-Punkte-Plan von Merz.
Besonders deutliche Kritik an Merz kommt von SPD-Generalsekretär Matthias Miersch. Die Messerattacke von Aschaffenburg sei eine Tragödie und müsse aufgeklärt werden.
„Die impulsiven Reaktionen und Ankündigungen von Friedrich Merz werden diesem schrecklichen Ereignis nicht gerecht. Mit seiner Aussage, es sei ihm egal, mit wessen Hilfe – selbst der AfD – er seine Anträge durchbringt, verlässt er die demokratische Mitte des Parlaments“, sagt Miersch t-online. Weiter noch: Merz stelle den Grundkonsens, im Bundestag nicht mit Rechtsextremen zusammenzuarbeiten, infrage.
„Wer AfD-Stimmen bewusst in Kauf nimmt und die AfD jubeln lässt, zeigt, dass er weder politisch noch moralisch dem Amt des Bundeskanzlers gewachsen ist“, so Miersch. Noch vor wenigen Wochen habe Merz versprochen, dass es keine Zusammenarbeit mit der AfD geben werde. „Jetzt ist er dabei, sein Wort zu brechen. Das darf nicht passieren“, sagt Miersch.
Zuvor hatte bereits SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich Merz Niederlagen vor Gericht prophezeit. „Herr Merz scheint mit seiner vollmundigen und voreiligen Ankündigung zu viel Trump geschaut zu haben. Selbst die US-Justiz hat bereits den Präsidenten zurückgepfiffen“, so Mützenich mit Verweis auf den neuen US-Präsidenten, Donald Trump.
Dieser musste jüngst für den Versuch, per Dekret das Recht auf US-Staatsangehörigkeit durch Geburt in dem Land für bestimmte Gruppen einzuschränken, eine juristische Schlappe einstecken.
Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zeigte sich besorgt. Er äußerte Zweifel daran, dass Merz die Brandmauer zur AfD wirklich aufrechterhalte. „Nun mache ich mir wirklich Sorgen, nachdem die CDU ihre Anträge im Bundestag mit Stimmen der AfD durchsetzen will“, sagte Scholz mehreren Regionalzeitungen. Er forderte: „Die Brandmauer zur AfD darf nicht bröckeln.“ Der Bundeskanzler will am Mittwoch mit einer Regierungserklärung auf die Unionsanträge reagieren.
Auch die Grünen warnen Merz vor den Folgen seiner Pläne. Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck sagte in Freiburg mit Blick auf die von Merz geforderte Zurückweisung aller Versuche einer illegalen Einreise, in der Praxis könnte dies sogar dazu führen, dass Europa auseinanderfalle. „In dieser Situation muss man, wenn man ein Land führen will, den kühlen Kopf bewahren und die Dinge zu Ende denken und nicht einfach nur einen raushauen“, sagte Habeck.