Bedrohliche „Superflares“
Sonnenstürme: Forscher warnen vor Mega-Ausbrüchen
14.12.2024 – 16:22 UhrLesedauer: 2 Min.
Forscher haben Hinweise auf gefährliche „Superflares“ entdeckt, die wesentlich stärker sind als bisher bekannte Sonneneruptionen. Sie könnten massive Störungen auf der Erde verursachen.
In diesem Jahr gab es am Sternenhimmel etwas Spektakuläres zu beobachten: Nordlichter. Und das in Breitengraden, in denen man die beeindruckende Aurora sonst so gut wie nie zu Gesicht bekommt. Auch in einigen Teilen Deutschlands konnte man sie sehen.
Auslöser für das Phänomen waren Sonnenstürme. Die Sonne war in diesem Jahr äußerst aktiv, was sich in zahlreichen Eruptionen äußerte. Polarlichter sind zwar eine beeindruckende Begleiterscheinung von Sonnenstürmen, die Ausbrüche können aber auch zur Gefahr werden.
Schwere Sonnenstürme können etwa zum Zusammenbruch von Stromnetzen führen und Satelliten stören. Ein Beispiel dafür ist ein Sonnensturm aus dem Jahr 2022, der zum Ausfall von knapp 40 Starlink-Satelliten führte. Laut der Europäischen Weltraumorganisation (Esa) könnten die Schäden eines extremen Sonnensturms in Europa etwa 15 Milliarden Euro betragen.
Forschende des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung (MPS) in Göttingen untersuchten nun sogenannte Superflares – extrem starke Strahlungsausbrüche, die bisher nur von anderen Sternen bekannt sind. Diese Ereignisse könnten bis zu zehntausendmal stärker sein als die größten jemals registrierten Sonneneruptionen. Es gibt Hinweise darauf, dass auch unsere Sonne in der Vergangenheit Energien freigesetzt hat, die in den Bereich solcher „Superflares“ reichen könnten.
Das Team analysierte 56.450 sonnenähnliche Sterne und dokumentierte dabei 2.889 „Superflares“. Im Durchschnitt kommt ein solcher Mega-Ausbruch bei einem Stern etwa einmal pro Jahrhundert vor – weit häufiger als bisher angenommen. Die Daten stammen aus Beobachtungen des inzwischen abgeschalteten Nasa-Weltraumteleskops „Kepler“, das zwischen 2009 und 2013 die Helligkeit von Sternen aufzeichnete.
„Superflares“ setzen Energien frei, die mit Billionen Wasserstoffbomben vergleichbar sind. Co-Autor Sami Solanki erklärt dem „Spiegel“ in einem Gespräch: „Wir wissen nicht, ob bei einem ,Superflare‘ Partikel ausgeworfen werden. Wenn das aber der Fall wäre, dann müssten wir massive Folgen befürchten, wenn die Teilchen die Erde träfen.“
Bereits ein moderater Sonnensturm, wie das sogenannte Carrington-Ereignis von 1859, führte damals zu massiven Störungen der Telegrafennetzwerke. Polarlichter waren bis nach Rom und Havanna sichtbar.
Spuren vergangener Sonnenstürme lassen sich in der Natur nachweisen: etwa durch erhöhte Mengen des Kohlenstoffisotops C-14 im Holz alter Bäume oder durch radioaktive Varianten von Beryllium und Chlor in Gletschereis. Solche Analysen zeigen, dass es in den letzten Jahrtausenden mindestens fünf außergewöhnliche Strahlungsausbrüche gab.
Langfristige Vorhersagen für „Superflares“ bleiben schwierig. Erst wenn die Sonne unmittelbar Anzeichen eines Ausbruchs zeigt, können Frühwarnsysteme Alarm schlagen. Die geplante Esa-Sonde „Vigil“, die ab 2031 seitlich auf die Sonne blicken soll, könnte hier einen wichtigen Vorsprung bieten. Sie soll ermöglichen, Satelliten rechtzeitig in einen Energiesparmodus zu versetzen oder Stromnetze besser zu schützen.