„Mehrkosten bei einer Million Euro“
Unfall legt Schiffsverkehr lahm – monatelange Sperrung
Aktualisiert am 10.12.2024 – 15:25 UhrLesedauer: 4 Min.
Gleich 70 Schiffe stecken derzeit auf der Mosel fest. Der Grund: ein Unfall. Die Wasserstraße wird wohl noch monatelang gesperrt bleiben.
Nach einem Unfall an der Schleuse Müden (Rheinland-Pfalz) stehen 70 Schiffe auf der Mosel still. Das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt (WSA) Mosel-Saar-Lahn sucht nun nach einer Möglichkeit, die festliegenden Schiffe von der Wasserstraße wegzubekommen. Ziel ist es, die Schiffe in das Unterwasser von Müden zu schleusen, damit sie die Mosel in Richtung Rhein verlassen können, teilte der Krisenstab mit.
Wie dies funktionieren könne, werde am Mittwoch besprochen. Die betroffenen Schiffe wurden gebeten, vorerst auf ihren Liegeplätzen zu bleiben. Der Unfall ereignete sich am Sonntag, als ein Güterschiff beim Einfahren in die Schleuse gegen das nicht vollständig geöffnete Tor stieß.
Nach Einschätzung der Ermittler könnte der Unfall auf einen technischen Defekt des Schiffes zurückgehen. „Wir gehen erst mal davon aus“, sagte ein Sprecher der Wasserschutzpolizei in Koblenz. Der Schiffsführer habe einen technischen Defekt als Ursache abgegeben. Diese Aussage müsse noch von einem Gutachter vor Ort überprüft werden, sagte der Polizist.
Beide Torflügel wurden bei dem Unfall aus ihrer Verankerung gerissen. „Neben den beiden beschädigten Torflügeln bilden die Beschädigungen an den Tornischen mit den daneben sitzenden Verankerungen der Torflügel das größte Problem“, erklärte das WSA. Man gehe derzeit davon aus, „dass durch die massive Stoßeinwirkung alle Verankerungen ihre maximale Last deutlich überschritten haben und beschädigt wurden“, hieß es weiter. An den Betonkanten müssten wegen Verformungen der Holme zudem Betonarbeiten durchgeführt werden.
Für die beschädigten Torflügel wird geprüft, ob ein Ersatztor verwendet werden kann. Auch wenn das möglich wäre – eine schnelle Lösung werde es nicht geben: „Sollte dies nutzbar sein, wird allerdings die Komplettierung des Tores auch bis zu zwei Monate in Anspruch nehmen“, so die Prognose des WSA. Für alle anderen Teile sei kein Ersatz vorhanden, sie müssten neu hergestellt werden. In einer ersten Einschätzung war von einer Sperrung bis Ende März 2025 ausgegangen worden.
Die Woche sollen die beschädigten Torflügel gesichert und ausgehoben werden. Ebenso laufen Vorbereitungen, um die Schleusenkammer trockenzulegen, um den Schaden zu begutachten.
Die Schleuse Müden ist eine wichtige Transportstrecke für die Region. Im Jahr 2024 wurden dort rund 600 Fahrzeuge der Großschifffahrt geschleust und etwa 8,1 Millionen Tonnen Güter transportiert. Die Arbeiten zur Trockenlegung der Schleusenkammer sowie zur Sicherung der beschädigten Torflügel sollen noch diese Woche beginnen.
Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Trier sprach von einem erheblichen wirtschaftlichen Schaden für die betroffenen Unternehmen, berichtete die Tagesschau. Die WSA werde aufgefordert, gemeinsam mit der Politik den Ausbau der Moselschleusen voranzutreiben. Der Unfall werde Folgen haben, so ein Leiter der IHK Trier: „Das bedeutet einen massiven Vertrauensverlust für die Wasserstraße Mosel, die man seit Jahren durch eine Verlagerung von Gütern zu stärken versucht.“
Dem pflichtet auch der Geschäftsführer des Trierer Hafens, Volker Klassen, bei. Er forderte eine schnellere Reparatur der Schleuse. Bei drei bis vier Monaten Ausfallzeit spreche man über zwei bis zweieinhalb Tonnen Güter, die jetzt anders bewegt werden müssten. Es gehe auch um Rohstoffe für die Stahlproduktion im Saarland und im Luxemburg sowie fertige Stahlprodukte. Man wappne sich nun dafür, dass Güter nun auf die Bahn und Straße verlegt werden müssten.
Beispiel Liqui Moly: Das Unternehmen rechnet nach Angaben eines Sprechers mit rund 1.000 zusätzlich benötigten Tanklastwagen-Ladungen, um die Rohstoffe an ihr Ziel zu bringen. Der Schmiermittel-Hersteller bezieht normalerweise wöchentlich etwa 2.200 Tonnen Rohstoffe über ein Schiff. Am Montag habe man die Mehrkosten noch grob überschlagen auf 500.000 Euro geschätzt. Indessen sei konkret nachgerechnet worden: „Die Mehrkosten werden bei einer Million Euro liegen“, sagte der Sprecher.
Der Hafen Trier könne bis zu 15 Schiffe hochwassersicher aufnehmen, sagte Klassen. Er habe bereits einige Anfragen von Flusskreuzfahrern, die bei ihm festmachen wollten. An sich biete die Mosel selbst einige Stellen, wo Schiffe anlegen könnten. Die Schiffe müssten stets besetzt sein. „Das ist nicht wie bei einem Auto, das man irgendwo abstellt.“
Der Unfall an der Schleuse Müden hat auch Flusskreuzfahrtschiffe ausgebremst. Ein Schiff mit 170 Urlaubern liege derzeit in Cochem, wie eine Sprecherin der Phoenix-Reisen in Bonn sagte. Von dort würden die Gäste am morgigen Mittwoch nun per Bus zum ursprünglichen Zielort der Reise – nach Köln – gebracht. Die Gäste zeigten Verständnis für die Lage. „Wir können es ja auch nicht ändern“, sagte die Sprecherin in Bonn.